Tagesspiegel, 17.11.2000 Amnesty International Israelische Soldaten schossen grundlos auf Palästinenser - das sagt die Menschenrechtsorganisation. Amnesty kritisiert, dass keiner der Todesfälle bisher untersucht wurde. Genf (dpa) - Israelische Soldaten haben bei den Unruhen in den vergangenen Wochen nach Einschätzung von Amnesty International meist ohne jede Not und zum Teil sogar völlig wahllos Schusswaffen gegen demonstrierende und Steine werfende Araber eingesetzt. "Wir haben nur zwei Fälle entdeckt, in denen die Soldaten das Recht hatten zu schießen, weil sie selbst beschossen wurden", sagte Elizabeth Hodgkin, Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation im Nahen Osten, am Montag in Genf. Ein besonders krasses Beispiel sei eine Demonstration von Arabern mit israelischem Pass in der Nähe von Nazareth gewesen, bei der zwei Menschen ums Leben gekommen seien, meinte Hodgkin. Bei dieser Demonstration seien auf arabischer Seite keinerlei Schusswaffen eingesetzt worden. Die Soldaten hätten die Demonstranten beschossen, obwohl die Protestkundgebung fernab von Wohngebieten stattgefunden habe, so dass von den Demonstranten keinerlei Gefahr ausgegangen sei. "Einer der Getöteten, ein 17 Jahre alter Junge, war ein Mitglied der Organisation 'Saat des Friedens', die sich für eine Verständigung zwischen Juden und Palästinensern einsetzt", sagte Hodgkin. Ähnlich willkürlich sei der Schusswaffengebrauch bei einem Zwischenfall im Gaza-Streifen gewesen, bei dem sieben Grundschulkinder verletzt und ein elfjähriger Junge getötet worden seien. Auf den Tod des Kindes angesprochen, habe ihr ein Sprecher der israelischen Armee erklärt, man befinde sich "im Kriegszustand". Die Menschenrechtsorganisation kritisierte außerdem, dass keiner der mehr als 100 Todesfalle der vergangenen Wochen bisher untersucht worden sei, weder von palästinensischer noch von israelischer Seite. Dadurch entstehe eine Art rechtsfreier Raum, der den Nährboden für Gräueltaten wie den Lynchmord an den israelischen Soldaten in Ramallah biete, sagte Hodgkin. |