Frankfurter Rundschau, 18.11.2000 Afrikaner in Brandenburg überfallen In Luckenwalde ist ein afrikanischer Jugendlicher von gleichaltrigen Deutschen geschlagen worden. Kirchenvertreter zeigten sich besorgt über die ausländerfeindliche Gewalt in Deutschland und räumten Versäumnisse ein POTSDAM / DESSAU, 17. November (afp/dpa/epd/kna). Unbekannte Jugendliche haben in der brandenburgischen Kleinstadt Luckenwalde in der Nacht zum Freitag einen afrikanischen Asylbewerber angegriffen und verletzt. Wie das Polizeipräsidium in Potsdam mitteilte, war der 17-Jährige aus Sierra Leone aus einer Gruppe von rund sechs Jugendlichen heraus wegen seiner Hautfarbe beleidigt worden. Anschließend wurde der Asylbewerber mit Schlägen und Tritten angegriffen. Kirchenvertreter zeigten sich besorgt über die Zunahme fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland. Der Dessauer Kirchenpräsident Helge Klassohn sagte, er nehme mit "brennender Sorge" wahr, in welchem Ausmaß sich eine hasserfüllte Sprache, bösartige Gewalttaten und die Verletzung der Menschenwürde ausbreiteten. Diese Entwicklung gehe mit einer "fast gleichgültig zu nennenden" Gewöhnung an Freiheit und Demokratie in Ostdeutschland einher. Dörfer und Städte dürften nicht den "Gewalttätern, Rowdys und Verbrechern" überlassen werden. In der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg regte sich Selbstkritik: Die Gefahr des Rechtsextremismus sei unterschätzt worden, sagte der Cottbuser Generalsuperintendent Rolf Wischnath. Er sprach von einer gesellschaftlichen "Bewusstseinstrübung". Die Kirchengemeinden in Brandenburg hätten nicht ausreichend erkannt, "dass menschenverachtendes Gedankengut und Rassismus keinen Bogen um sie und ihre Kommunen gemacht haben, sondern sich wieder tief einnisten konnten in die Seelen und Geisteshaltungen nicht nur junger Leute". Auch in den Kirchengemeinden überwögen die Passiven und lediglich Zuschauenden. Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) verurteilte den Umgang mit ausländischen Zuwanderern. Vertreter islamischer Gruppierungen würden häufig "in politischen Kreisen geschnitten", sagte John am Donnerstagabend in Berlin. Manchmal würden sie sogar "wie Aussätzige behandelt". Das Kinderhilfswerk Unicef appellierte angesichts der Übergriffe auf Ausländer an Eltern und Lehrer, dem Entstehen von Vorurteilen bei Kindern frühzeitig entgegenzuwirken. Untersuchungen belegten, dass ein beträchtlicher Teil der Kinder und Jugendlichen fremdenfeindlich eingestellt sei. NPD will demonstrieren BERLIN. Gut zwei Wochen nach der Großdemonstration gegen rechts in Berlin will die NPD am Brandenburger Tor aufmarschieren. Eine Kundgebung unter dem Motto "Argumente statt Verbote - Nein zum NPD-Verbot" sei für den 25. November angemeldet worden, bestätigte ein Polizeisprecher am Freitag. Rund 1500 Rechtsextremisten wollten am Samstag kommender Woche in der Hauptstadt demonstrieren. Rechtsextremistische Aufmärsche in Berlin hatten wiederholt Empörung im In- und Ausland hervorgerufen. |