Die Presse (Wien), 20.11.2000 EU-Sicherheitspolitik rasch konkretisiert 120.000 Soldaten werden von den EU-Staaten - inklusive Österreich - am Montag für die EU-Eingreiftruppe zugesagt. Doch die "Zu-erledigen-Liste" für die nächsten Jahre bleibt lang. Von unserer Korrespondentin Doris Kraus BRÜSSEL. Die 15 EU-Staaten werden am Montag in Brüssel einen wichtigen Schritt in Richtung der für Anfang 2003 geplanten EU-Eingreiftruppe setzen. Die Außen- und Verteidigungsminister wollen in einer gemeinsamen Sitzung insgesamt 120.000 Soldaten zusagen, die das Rückgrat der EU-Truppe ausmachen sollen. Das Ziel ist: 80.000 Mann, die innerhalb von 60 Tagen und für die Dauer von einem Jahr einsetzbar sind. Der Aktionsradius wird 4000 Kilometer betragen. Um 80.000 Mann tatsächlich entsenden zu können, braucht man aus logistischen Gründen Zusagen über 230.000 Soldaten. Alle Zusagen der EU-Staaten sind freiwillig, jedoch mit einem hohen politischen Bindungsgrad. Österreich wird ebenfalls eine Verpflichtung über 3500 Soldaten eingehen, von denen jeweils 2000 auf einmal eingesetzt werden können. Unbeschadet der allgemeinen Zufriedenheit über die ungewöhnlich rasche Konkretisierung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat allerdings niemand Illusionen, daß es bis zu der erträumten effizienten EU-Truppe noch ein weiter Weg ist. "Zur Zeit ist das alles noch mit einer Art Gesundheitswarnung versehen", heißt es in EU-Kreisen. Es sei nämlich nicht klar, wie brauchbar die zugesagten Kapazitäten wirklich seien. Außerdem mangelt es der EU in Bereichen wie Aufklärung und amphibischen Fahrzeugen am nötigen Gerät. Die auf Abruf einsetzbaren Truppen sind ebenfalls beschränkt. Die Lücke der Transportflugzeuge wurde hingegen bereits mit gemeinsamen Großaufträgen für Airbus geschlossen. Die noch fehlenden Kapazitäten sind auf einer Liste, dem "Helsinki Headline Katalog" zusammengefaßt. Ihre Erfüllung soll regelmäßig von EU- und Nato-Experten überprüft werden, allerdings erst ab Anfang 2001. Die für den Erfolg des Projekts ausschlaggebende Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Nato ist auch noch nicht unter Dach und Fach. Ohne den geplanten Zugriff auf der Nato zugerechnetes Material wird die EU größere Aktionen kaum im Alleingang durchführen können. Vor allem das Nato-Mitglied Türkei droht hier aus einer Position der Stärke heraus mit einem Veto, sollte Ankara nicht in die Sicherheitsberatungen der EU weitestgehend eingebunden werden.
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