Süddeutsche Zeitung, 25.11. Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern Traumatisierte Bosnien-Flüchtlinge dürfen bleiben Schily soll Einschränkung des Demonstrationsrechts prüfen / Gewalttäter werden zentral gespeichert / Von Hans-Jörg Heims Bonn - Schwer traumatisierte Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina sollen in Deutschland bleiben dürfen. Darauf verständigten sich die Innenminister von Bund und Ländern am Freitag auf ihrer Herbsttagung in Bonn. Nordrhein-Westfalens Innenminister, Fritz Behrens (SPD), nannte als Bedingungen für die Erteilung der zunächst auf zwei Jahre befristeten Aufenthaltsbefugnis, dass die Betroffenen vor dem 15. Dezember 1995 nach Deutschland eingereist sind und sich spätestens seit dem 1. Januar 2000 in psychotherapeutischer Behandlung befinden. Ein Bleiberecht wird nach Angaben von Behrens, der Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, auch Bürgerkriegsflüchtlingen gewährt, die älter als 70 sind, Waisenkindern aus dem Kosovo sowie Zeugen, die vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aussagen sollen. Alle Flüchtlinge aus dem Kosovo, die einen festen Arbeitsplatz in Deutschland haben, sollen bis zum 31. Juli 2001 in Deutschland bleiben dürfen. Ihre Familienangehörigen müssen allerdings bis zum 30. April 2001 ausreisen. Die Innenminister entsprachen mit dieser Regelung Forderungen aus der Wirtschaft, die vor den Folgen einer Abschiebung bis zum 31.Dezember 2000 gewarnt hatte. Schily bedauerte, dass die Länder nicht auch Bosniern und Kosovaren ein Bleiberecht gewähren wollen, die seit mehr als sechs Jahren in Deutschland leben. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, und das UN-Flüchtlingskommissariat begrüßten die Entscheidung der Innenminister zu Gunsten der Opfer des Krieges. Der Forderung des Berliner Innensenators Eckart Werthebach (CDU), nach einer Verschärfung des Versammlungsrechts, folgte die Konferenz nur insoweit, als dass Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) aufgefordert wurde, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten. Auf Details einer Änderung konnten sich die Innenminister nicht verständigen. Behrens nannte als Grund, dass noch schwierige verfassungsrechtliche Fragen zu klären seien. Umstritten blieb, wie konkret eine Gesetzesänderung formuliert werden muss, ohne dass das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Versammlungsfreiheit ausgehöhlt wird. Eine Mehrheit der Minister befürwortete eine möglichst genaue Definition jener Orte an denen Aufmärsche von Rechten untersagt werden sollen. Solche Stätten könnten das Brandenburger Tor, die Neue Wache und das noch zu errichtende Holocaust-Mahnmal in Berlin sowie Orte des nationalen Gedenkens sein. Auf Bedenken im Kreis der Minister stieß ein generelles Verbot rechtsextremer Demonstrationen. Der baden-württembergische Ressortchef Thomas Schäuble (CDU) sagte, das Versammlungsrecht sei ein "sehr wichtiges Grundrecht", mit dem "sehr sorgfältig" umgegangen werden müsse. Werthebach räumte ein, man bewege sich auf einem "schmalen Grat", weite Teile der Bevölkerung könnten aber nicht verstehen, dass Demonstrationen mit verfassungsfeindlichen Zielen nicht verboten würden. Um Gewalttäter schneller verfolgen zu können, vereinbarten die Innenminister, beim Bundeskriminalamt eine Zentraldatei einzurichten. In einer weiteren Datei sollen Angaben über alle politisch motivierte Taten gesammelt werden. Wie es hieß, gehen einige Innenminister davon aus, dass in Folge des wachsenden Rechtsradikalismus auch die Bereitschaft unter linken Antifa-Gruppen zunimmt, Gewalt anzuwenden. Die Polizeibeamten sollen so schnell wie möglich neue schuss- und stichsichere Schutzwesten erhalten. Die neuen Westen seien leicht und deshalb acht Stunden tragbar, sagte Behrens. Da die Westen ihren Zweck nur dann erfüllten, wenn sie ständig getragen würden, müssten sie so leicht sein, dass Bewegungsfreiheit und Wohlbefinden nicht beeinträchtigt würden. |