Süddeutsche Zeitung, 25.11.2000 Abschiebung einer vietnamesischen Familie Kirche und Schönbohm im Streit Innenminister löst mit Antwort auf Intervention Empörung aus / Von Dorit Kowitz Potsdam - Über die geplante Abschiebung einer vietnamesischen Familie aus Brandenburg sind der Innenminister des Landes, Jörg Schönbohm (CDU), und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg in Streit geraten. Während der Vater und der achtjährige asthmakranke Sohn der Familie Nguyen, die sich seit zehn Jahren in Deutschland aufhält, Ende November nach Vietnam ausreisen müssen, sollen die Mutter und ein Neugeborenes in Deutschland verbleiben, bis das Baby gültige Papiere erhält. Der Cottbuser Generalsuperintendent Rolf Wischnath hatte in seiner Funktion als Vorsitzender des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt an Schönbohm geschrieben und ihn gebeten, sich der Sache anzunehmen und "Barmherzigkeit vor Recht gehen zu lassen". Man solle der Familie das Bleiberecht gewähren, "zumindest aber die Familie gemeinsam abschieben", sagt Wischnath. Schönbohm selbst habe im Sommer versprochen, schwierige Fälle zu prüfen. Das Innenministerium solle die "Altfallregelung" großzügiger anwenden. Danach erhalten Asylbewerber, die seit 1993 in Deutschland leben, eine Aufenthaltsbefugnis und können sich Arbeit und Wohnung suchen - Voraussetzungen für ein Bleiberecht. Der Innenminister erwiderte jedoch, die Familie wisse seit 1995, dass sie keinen Anspruch auf Asyl habe, und verbat sich die Einmischung der Kirche. Das Ehepaar Nguyen war 1990 nach Deutschland gekommen, beide Kinder wurden hier geboren. Zeitweise lebte die Familie im Kirchenasyl. Besonders empört hat die evangelische Kirche die Antwort Schönbohms an Wischnath. Da die Kirchen im Osten Minderheitenkirchen seien, schrieb der Minister, hielte er es "für wünschenswert, wenn die Kirchen sich ihrer ureigensten Aufgabe mit der gleichen Hingabe widmen könnten, mit der sie sich dem Thema Asyl und Ausländerfragen widmen". Für Freitagabend hatte Landesbischof Wolfgang Huber deshalb den Innenminister zu einem Gespräch gebeten. Wischnath sagt, er hoffe, man könne danach "auf eine sachliche Ebene zurückkehren". |