taz Berlin,1.12.2000 Flüchtlingen werden Heime erspart Hauptausschuss beschließt auf Antrag der PDS: Asylbewerber sollen künftig vorrangig in Wohnungen untergebracht werden. Das war zuvor mehrfach abgelehnt worden. Denn die teurere Heimunterbringung sollte "Wirtschaftsflüchtlinge" abschrecken von JULIA NAUMANN Flüchtlinge und Asylbewerber sollen künftig vorrangig in Mietwohnungen und nicht mehr in Flüchtlingsheimen untergebracht werden. Das hat der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am späten Mittwochabend einstimmig auf Antrag der PDS beschlossen. "Die Annahme ist als Durchbruch gegen eine restriktive Flüchtlingspolitik zu bewerten, die jahrelang eine teure Heimunterbringung als Abschreckungsmaßnahme gegen Bürgerkriegsflüchtlinge praktiziert hat", freut sich PDS-Mitglied Marian Krüger, der im Hauptausschuss sitzt. Der Antrag wurde in den vergangenen drei Jahren bereits viermal ohne Erfolg gestellt. Nun ist vorgesehen, dass Flüchtlinge in Wohnungen ziehen dürfen, wenn die Unterbringung in Privatwohnungen kostengünstiger ist. Ein Heimplatz kostet durchschnittlich 23,50 Mark pro Tag. Für die Heimunterbringung einer dreiköpfigen Familie werden so monatlich etwa 2.100 Mark ausgegeben. Eine Wohnung wäre wesentlich billiger zu mieten. Die PDS geht davon aus, dass zukünftig rund die Hälfte der Unterbringungskosten pro Flüchtling eingespart werden können. Zögen jährlich 6.000 Flüchtlinge in Wohnungen, könnten das eine Ersparnis von 26 Millionen Mark sein. Von den derzeit etwa 30.000 Flüchtlingen und Asylbewerbern in der Hauptstadt leben nach Schätzung der PDS 24.000 in Wohnheimen, die sich meist in Randbezirken befinden. Von der neue Regelung können alle profitieren, die sich nicht in einem Erstaufnahmeverfahren für Asylbewerber befinden. Diese müssen laut Gesetz für drei Monate in Heimen leben. Das sind nur wenige hundert. Laut Asylbewerberleistungsgesetz hat die Sozialverwaltung für alle anderen Flüchtlinge einen Ermessenspielraum, ob sie die Flüchtlinge in Wohnheimen oder Wohnungen unterbringt. Die ehemalige Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) hatte die Wohnheimvariante verfolgt, um wie sie wörtlich sagte, "Wirtschaftsflüchtlinge" abzuschrecken. Ihre Nachfolgerin Gabriele Schöttler (SPD) hat die Bezirke schon vor einigen Monaten in einem - unverbindlichen - Rundschreiben angeschrieben, Flüchtlinge verstärkt in Wohnungen unterzubringen. "Der jetzige Beschluss kommt uns deshalb sehr entgegen", sagte Schötters Sprecher Klaus-Peter Florian gestern. Seine Verwaltung werden "intensiv darum bemüht sein", die Vorlage schnellstens verbindlich umsetzen zu lassen. Auch der Flüchtlingsrat begrüßte die neue Regelung. "Das ist ein Fortschritt, denn jetzt haben die Flüchtlinge die Möglichkeit, sich zu intergrieren", sagte Mitarbeiter Jens-Uwe Thomas. |