taz Berlin, 1.12.2000

flüchtlingswohnheime

Umdenken, nicht nur sparen

Es kommt zwar selten vor, aber manchmal haben Haushaltseinsparungen auch
etwas Gutes: Der parlamentarische Hauptausschuss hat einstimmig beschlossen, dass Flüchtlinge künftig vorrangig in Mietwohnungen und nicht mehr in Wohnheimen untergebracht werden sollen - weil Ersteres deutlich billiger ist. Darauf haben Flüchtlingsinitiativen und Oppositionsparteien schon seit Jahren hingewiesen und - allerdings nicht aus finanziellen Gründen - die Auflösung von Flüchtlingswohnheimen gefordert.

Kommentar von SABINE AM ORDE

Warum diese Erkenntnis sich erst jetzt in der großen Koalition durchgesetzt hat, kann nur vermutet werden: Die abschreckende Wirkung solcher Wohnheimplätze war ihr wohl wichtiger als finanzielle Einsparungen. Diese Denkweise muss sich endlich ändern.

Derzeit wird viel über Rassismus und Rechtsextremismus geredet. Da ist es höchste Zeit, die Ausgrenzungspolitik gegenüber Flüchtlingen endlich durch eine Integrationspolitik zu ersetzen. Dazu gehört, das Arbeitsverbot aufzuheben und es Flüchtlingen zu ermöglichen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Dazu gehört auch, das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen, das für Flüchtlinge nur eine minimale medizinische Versorgung vorsieht.

Das freilich sind Dinge, die von der Bundespolitik geregelt werden müssen. Bei vielen Details aber - und dazu gehört neben der Unterbringung auch die Frage, ob Flüchtlinge Sozialhilfe beziehen können oder mit Sachleistungen versorgt werden - hat das Land einen Ermessensspielraum. Solange das Sozialressort von der CDU besetzt war, hat deren Senatorin diesen Spielraum durchaus genutzt - im negativen Sinne. Viel geändert hat sich nicht, seit die SPD das Ressort übernommen hat. Sozialsenatorin Gabriele Schöttler muss hier endlich Farbe bekennen.