Saarbrücker Zeitung, 2.12.2000 "Was bringt ein so langes Kirchenasyl?" Junge Kurden leben seit eineinhalb Jahren in der Versöhnungskirche - Jetzt eigene Homepage Völklingen (et). Kann Kirchenasyl lebenslänglich bedeuten? So etwa sieht es in Völklingens Versöhnungskirchengemeinde aus. Hier leben derzeit die Geschwister Resul, Aysel und Mustafa Bastug sowie deren Cousin Cengiz Bilgic. Die Friedensgruppe der Kirchengemeinde gewährt den vier jungen Kurden bereits seit dem 24. Juni 1999 Kirchenasyl in ihren Räumen. Dazu Pfarrer Andreas Hämer: "Es handelt sich um das zehnte Kirchenaysl in unserer Gemeinde seit 1997. So lange hat es aber noch nie gedauert." Zur Vorgeschichte: Im Juni 1997, als nach den Worten von Pfarrer Hämer viele bereits auf asylpolitisches Tauwetter hofften, wurde Murat Bastug aus Otzenhausen mit seiner Frau, zwei erwachsenen und drei minderjährigen Kindern in die Türkei abgeschoben. Der damals 20-jährigen Tochter Aysel sowie dem Neffen und Mündel Mustafa (19 Jahre) gelang es rechtzeitig unterzutauchen, sonst wären sie ebenfalls abgeschoben worden. Damit gehören sie zu den vielen Illegalen, die in der Bundesrepublik ohne Perspektive leben, aber auch nicht in die Türkei zurückkehren wollen. "Zu Recht", erklärt Paul Ganster, aktives Mitglied der Friedensgruppe. Ganster hatte sich eigenem Bekunden zufolge Tage nach der erfolgten Abschiebung von Murat Bastug nach Instanbul begeben, um Spuren zu sichern: "Bilder von dem regenbogenfarben zugerichteten Rücken des Murat Bastug sowie einer Platzwunde auf seiner Glatze", so Ganster. Nicht zuletzt aufgrund dieser Schilderungen entschloss sich die Kirchengemeinde erneut, den drei jungen Menschen Kirchenasyl zu gewähren. Cousin Cengiz Bilgic kam im August 1999 dazu. Die vier Kurden gründeten die Aktion "Süleyman Aksoy" und starteten mehrere Aktionen. So verbrannten sie etwa am Vorabend des Weltfriedenstages symbolisch ihre Einberufungsbescheide, sammelten Unterschriften gegen den Bürgerkrieg in der Türkei und veranstalteten eine Ausstellung zum Thema Kriegsdienstverweigerung im Martin-Luther-Haus. Gleichzeitig bemühte sich die Friedensgruppe um ein Gespräch beim damaligen Innenminister Klaus Meiser. Es kam zwar zustande, aber ohne nennenswerte Ergebnisse aus Sicht der Friedensgruppe. Kirchenasyl lebenslänglich? Eine Frage, die sich inzwischen nicht nur die Mitglieder der Friedensgruppe, sondern insbesondere die Betroffenen selbst stellen. "Was soll ein Kirchenasyl, das so lange dauert, noch bringen?", fragt sich beispielsweise Resul Bastug. Schwester Aysel scheint mittlerweile kaum noch fähig, über ihre Problematik zu sprechen, ohne in Tränen auszubrechen. Dazu Pfarrer Hämer: "Obwohl die jungen Leute sich natürlich in den Räumen und auf dem Gelände der Kirche frei bewegen können, lassen sich doch gewisse Hospitalisierungs-Syndrome nicht vermeiden." Insgesamt aber, so Paul Ganster, vertrete die Friedensgruppe die Auffassung, dass die beste Therapie gegen die bodenlose Enttäuschung sei, weiterhin aktiv für das Verbleiben in der Bundesrepublik zu kämpfen. In diesem Sinne habe man die vier Kurden ermutigt, eine eigene Homepage einzurichten. Sie sind im Internet unter http//www.asiti.de zu erreichen. |