Süddeutsche Zeitung, 4.12.2000 Irak stellt Export von Öl wegen UN-Embargo ein Von Heiko Flottau Kairo - Kurz vor dem zehnten Jahrestag des Krieges gegen den Irak am 16. Januar 1991 werden die gegen Saddam Hussein verhängten Sanktionen brüchig. Am Wochenende brachte ein Charterflugzeug aus Paris 115 Politiker, Priester und Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen in den Irak, darunter den ehemaligen französischen Außenminister Claude Cheysson. "Amerika", sagte Cheysson, "hat Saddam Hussein zu einem Teufel gemacht, um seine militärische Präsenz im Nahen Osten zu rechtfertigen." Saddam sei aber nach mehr als zehn Jahren Embargo populärer als zuvor. Nicht Hussein leide unter dem Embargo, sondern die Armen und die Jugendlichen. Mindestens zehn Länder haben in den vergangenen Monaten Flugzeuge mit Hilfsgütern in den Irak geschickt - wie Ägypten, Jordanien, Syrien, Libyen, der Jemen und Katar. Vergangene Woche brachte eine Maschine aus Amman zum ersten Mal seit über zehn Jahren zahlende Passagiere nach Bagdad. Kommerzielle Flüge in den Irak fallen unter das UN-Embargo und sind verboten. Ermutigt durch den internationalen Zuspruch geht der Irak nun in die Offensive. Um die UN-Sanktionen zu unterlaufen, hat Saddam Hussein verordnet, jeder Käufer irakischen Öls müsse pro Barrel einen Zuschlag von fünfzig US-Cents bezahlen. Dieser Zuschlag müsse direkt auf ein irakisches Konto überwiesen werden. Dieses Vorhaben läuft dem UN-Sanktionsregime zuwider. UN-Beschlüssen zufolge gehen alle irakischen Öleinkünfte zunächst auf ein von den Vereinten Nationen verwaltetes Konto. Davon werden die Leistungen aus dem Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" finanziert. Nachdem der 50-Cent-Aufschlag nicht genehmigt wurde, stellte der Irak am Wochenende seine Ölexporte ein. Der irakische Ölminister Amer Mohammed Raschid sagte, der Irak werde aber noch bis Januar Verpflichtungen aus Lieferverträgen erfüllen. Der Ölminister Saudi-Arabiens kündigte an, sein Land werde die Produktion erhöhen, um eine drohende Preiserhöhung zu verhindern. UN-Generalsekretär Kofi Annan kündigte eine Überprüfung des UN-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" an. Ohne die USA beim Namen zu nennen, kritisierte Annan die Arbeit des von den USA dominierten UN-Sanktionskomitees. Zum Stichtag des 31. Oktober seien irakische Importanträge in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar vom Komitee auf Eis gelegt. Diese Verzögerung sei der Hauptgrund für die schleppende Verwirklichung des Hilfsprogramms. Die Folge sei die Verarmung weiter Bevölkerungsschichten, vor allem der Mittelklasse. |