Financial Times Deutschland, 5.12.2000 IWF-Hilfe löst türkisches Finanzproblem Die vorzeitige Auszahlung von Krediten des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird nach Ansicht von Experten die massive Finanzkrise der Türkei lösen. "Die Unterstützung des IWF und der Weltbank werden die Fähigkeit der Zentralbank, Liquidität herzustellen, erhöhen", teilte das Finanzministerium am Montag in Istanbul mit. Eine Zufuhr von ausländischen Mitteln durch die Finanzinstitute würde zudem der Zentralbank die Möglichkeit geben, die Hilfsprogramme zu finanzieren, ohne gegen die vom IWF gegebenen Richtlinien für zusätzliches Zentralbankgeld zu verstoßen. Die Türkei verhandelt seit Ende vergangener Woche mit dem IWF über die vorzeitige Auszahlung von Geld aus bereits bewilligten Krediten. Auch die Weltbank erwägt derzeit Kredite in Höhe von 1,03 Mrd. $. Analysten schätzen den Gesamtwert der Hilfskredite auf insgesamt vier bis fünf Mrd. $. Die Geldmittel sollen zur Überbrückung der in der vergangenen Woche ausgebrochenen Liquiditätskrise im Bankensektor des Landes bereitgestellt werden. Banken unter Zwangsverwaltung Die Finanzkrise war von Befürchtungen über die Stabilität des türkischen Bankensektors ausgelöst worden, nachdem mehrere Banken unter Zwangsverwaltung gestellt worden waren und gegen einige von ihnen nun Untersuchungen wegen möglicher krimineller Machenschaften laufen. Die Banken hatten vergangene Woche untereinander die Kreditlinien gekürzt und massiv Zentralbankgeld für ihre Refinanzierung in Anspruch genommen. Nachdem die Zentralbank die zusätzlichen Repo-Auktionen am Donnerstag stoppte, stiegen die Geldmarktsätze drastisch an. Bei der derzeitigen Liquiditätskrise handelt es sich nach Aussagen des Finanzministeriums allerdings um "temporäre Marktschwankungen". Sie beeinflussten nicht die Pläne der Zentralbank, die Inflation bis Ende 2002 auf eine einstellige Zahl zu reduzieren. Aktienmarkt reagiert mit Kursverlusten Am türkischen Aktienmarkt kam es am Montag erneut zu deutlichen Kursverlusten. Am frühen Nachmittag notierte der Aktienindex ISE-National-100 mit zehn Prozent im Minus auf einem neuen Jahrestief von 7183 Punkten. |