Neue Zürcher Zeitung (CH), 5.12.2000 Die EU-Sicherheitspolitik im Rohbau Eingreiftruppe bloss ein Element des Krisenmanagements Die EU-Aussenminister haben die nötigen Beschlüsse gefasst, damit am Europäischen Rat in Nizza die Staats- und Regierungschefs den Rohbau der eigenständigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik abnehmen können. Die europäische Eingreiftruppe ist dabei nur ein Element des Krisenmanagements der Union. lts. Brüssel, 4. Dezember Die EU-Aussenminister haben einen umfassenden Bericht zum Stand der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) verabschiedet, der am Europäischen Rat in Nizza den Staats- und Regierungschefs vorgelegt und von diesen genehmigt wird. Die Grundlagen für den Rohbau auf dieser neuen integrationspolitischen Baustelle finden sich in über 20 Dokumenten, von denen viele, wie sich ein beteiligter Diplomat ausdrückte, den nötigen Kleinkram regeln. Von wirklicher Bedeutung sind jene über die inneren Strukturen (definitive Konfiguration des Komitees für Politik und Sicherheit, des Militärausschusses und des Militärstabs), die Streitkräfteziele, die EU-Nato-Dauerbeziehungen und die Konsultations- und Beteiligungsregeln mit jenen europäischen Nato-Partnern, die der EU nicht angehören. Rückgriff auf die Nato Das permanent in Brüssel angesiedelte Komitee für Politik und Sicherheit (PSK), dessen Vorsitz längerfristig wohl der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, übernehmen wird, ersetzt das monatlich zusammentretende Politische Komitee der Politischen Direktoren aus den 15 Aussenministerien. Dem für die Vorbereitung und - nach Zustimmung des Aussenminister-Rates - für die Durchführung von Kriseneinsätzen massgebenden PSK stehen der Militärausschuss mit den Generalstabschefs oder ihren Vertretern sowie ein dem Ministerratssekretariat zugeordneter Militärstab von maximal 130 Mitarbeitern für die militärisch-sicherheitspolitische Grobplanung zur Seite. Die EU verfügt nach diesen Vorarbeiten über einen sicherheitspolitischen Apparat. Nachdem vor zwei Wochen die nationalen Streitkräftekontingente für die schnelle Eingreiftruppe der EUbekannt gegeben worden sind, bestehen zumindest quantitative Voraussetzungen für militärische Kriseneinsätze. In den kommenden Monaten sollen schrittweise operative Fähigkeiten aufgebaut werden. Bis 2003 will Brüssel in eigener Verantwortung alle als «Petersberger Aufgaben» aufgezählten Missionen von Rettungseinsätzen über friedenserhaltende Aufgaben bis zu Kampfeinsätzen zur Friedenserzwingung übernehmen können. Für diese anspruchsvollste Art einer Intervention sollen innert 60 Tagen maximal 60 000 Angehörigevon Landstreitkräften plus Luft- und Marineunterstützung mobilisiert werden können. Weildie europäischen Streitkräfte aber eingestandenermassen für die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen ungenügend ausgebildet und ausgerüstet sind, bleibt die EU für eigenständig geführte komplexere Kriseneinsätze noch lange auf die Hilfe der Nato angewiesen. Eingreiftruppe bloss eine Option Stärkung der Konfliktprävention |