taz 7.12.2000

Asylbewerber dürfen jetzt arbeiten

Rot-Grün setzt Arbeitsverbot außer Kraft: Nach einjähriger Wartezeit können sich Asylbewerber, Ausländer mit einer Duldung und Ausländer mit einer Aufenthaltsbefugnis in Deutschland einen Job suchen. Die Neuregelung betrifft 85.000 Menschen

von SEVERIN WEILAND

Das seit drei Jahren bestehende Arbeitsverbot für Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge und geduldete Ausländer wird abgeschafft. Der gestrige Beschluss des Bundeskabinetts soll voraussichtlich am 1. Januar 2001 mit der Veröffentlichung einer entsprechenden Verordnung des Arbeitsministeriums im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Betroffen von der Neuregelung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind nach Schätzungen des Arbeitsministeriums rund 85.000 der unter dieser Personengruppe erfassten 120.000 Ausländer.

Allerdings müssen Asylbewerber und Ausländer mit einer Duldung zunächst ein Jahr warten, bis sie einen Anspruch bei den zuständigen Arbeitsämtern anmelden können. Eine Stelle erhalten sie auch nur dann, wenn kein anderer deutscher Arbeitnehmer, EU-Bürger beziehungsweise mit diesen gleichgestellter Ausländer sich beworben hat. Mit dieser Barriere, um die SPD und Grüne lange intern gestritten hatten, sollen "neue Zuwanderungsanreize verhindert werden", sagte der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres, gestern. Keine Wartezeit gilt hingegen für Bürgerkriegsflüchtlinge. Generell wird für alle Personengruppen die bisherige Praxis, wonach die Arbeitserlaubnis auf ein Jahr befristet wurde, entfallen. Die Neuregelung begründete Andres mit der verbesserten Lage auf dem Arbeitsmarkt und dem Rückgang der Asylbewerberzahlen.

Weitere Erleichterungen kommen erstmals auch Familienangehörigen von Ausländern mit befristeter Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsbewilligung zugute: Ihre bislang zum Teil vierjährige, bei Ehepartnern zweijährige Wartezeit auf eine Arbeitsgenehmigung wird ebenfalls auf ein Jahr verkürzt. Diese Regelung soll insbesondere den Zuzug neuer Kräfte und ihrer Familien in der IT-Branche fördern.

Verbesserungen erhält auch die Gruppe der durch Flucht und Bürgerkrieg traumatisierten Menschen. Die bisher allein für Bosnien-Flüchtlinge geltende sofortige Arbeitserlaubnis wird auf alle Traumatisierten ausgeweitet, völlig unabhängig von ihrer geografischen Herkunft.