junge Welt, 07.12.2000 Gegen das Verschweigen der Opfer Protestaktionen gegen Abschiebung im Frankfurter Rhein- Main-Flughafen zum Tag der Menschenrechte Für eine Gedenktafel, die an die Opfer der deutschen Abschiebungspolitik erinnert, wollen Aktivisten von Organisationen wie dem »Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main« und dem Netzwerk »kein mensch ist llegal« anläßlich des Internationalen Tags der Menschenrechte im Abflugbereich des Frankfurter Rhein- Main-Flughafens demonstrieren. Das Aktionsbündnis gegen Abschiebungen hat bei der Flughafen AG beantragt, eine Tafel mit folgendem Text aufzuhängen: »Zum Gedenken an Kola Bankole und Aamir Ageeb, die während ihrer Abschiebung beim Abflug von Frankfurt/Main in Lufthansa-Maschinen durch Beamte des Bundesgrenzschutz gewaltsam zu Tode gebracht wurden. Zum Gedenken an Naimah Hadjar, die sich am 6.5.2000 aus Angst vor einer Abschiebung im Internierungslager am Frankfurter Flughafen das Leben nahm. In Trauer um diese und alle anderen Opfer, in Wut über die deutsche Abschiebepolitik. Eingreifen gegen Abschiebungen, Ausgrenzung und jede Form von Rassismus! Kein Mensch ist illegal.« Deutliche Worte findet das zur Demonstration aufrufende Bündnis auch zur aktuellen Diskussion, die angesichts der herrschenden Praxis zur puren Heuchelei verkomme. Der alltägliche, institutionelle Rassismus bleibe in den Sonntagsreden weitgehend ausgeblendet. Gnadenlos werde gegenüber Flüchtlingen und Migranten eine Abschiebe- und Ausgrenzungspolitik praktiziert, »die in den vergangenen Jahren mehr Todesopfer gefordert hat als die Übergriffe von Neonazis«, so der Aufruf zur Demo am Flughafen. Mehr als 170 Flüchtlinge seien beispielsweise in den Grenzflüssen ertrunken, bei der Abschiebung erstickt oder nach dieser einfach verschwunden. Die Demonstration ist Teil einer Kampagne, die Akivisten von »kein mensch ist illegal« unter anderem mit Veranstaltungen und Aktionen in München, Münster, Hannover, Regensburg und Freiburg fortführen wollen. Den diesjährigen Schlußpunkt will man mit einer Aktion im weihnachtlichen Reiseverkehr setzen. Die Forderung nach Auflösung der Flughafen-Internierungslager und einem sofortigen Abschiebestopp wird am 22. Dezember auch auf dem Hamburger Flughafen zu hören sein. In einer Pressemitteilung weist unterdessen Jan Hoffmann, Sprecher von »kein mensch ist illegal«, darauf hin, daß es zuletzt eine erfreuliche Unterstützung von Gewerkschaftsseite gegeben habe. Lufthansa-Vorstand und Bundesinnenministerium bewahrten zum Stand der Verhandlungen über den vollständigen Ausstieg »aus dem Abschiebegeschäft« jedoch weiter eisernes Stillschweigen. Hintergrund dieser Meldung ist der auf dem Gewerkschaftstag der ÖTV Anfang November in Leipzig einstimmig gefällte Beschluß, daß Gewerkschafter sich nicht weiter an Abschiebungen beteiligen und dieses auch von der Lufthansa fordern sollen. Tim Neumann *** Demo am Frankfurter Flughafen, 9.12., Treffpunkt um 12 Uhr, Terminal 1, Abflug, Bereich A/ Lufthansa |