Frankfurter Rundschau, 7.12.2000 IWF-Kredit soll Weg aus Liquiditätskrise weisen öhl ANKARA. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gewährt der Türkei einen Beistandskredit in Höhe von mehr als zehn Milliarden Dollar. Das gab Ministerpräsident Bülent Ecevit bekannt. Der Einigung waren zweitägige Verhandlungen der türkischen Regierung mit Vertretern der Finanzinstitution vorausgegangen. Die Mittel sollen dem Land helfen, die jüngste Liquiditätskrise zu überwinden. In ihrem Verlauf waren die Devisenreserven zusammengeschmolzen und die kurzfristigen Zinsen zeitweise auf mehr als 1000 Prozent geklettert. Ausgelöst wurde die Flucht der Türken in harte Fremdwährungen durch den Zusammenbruch von zehn Privatbanken. Die Institute stehen inzwischen unter staatlicher Insolvenzverwaltung. Um deren Schieflage in den Griff zu bekommen, sind ersten Schätzungen zufolge mindestens sieben Milliarden Dollar erforderlich. Ecevit kündigte an, das Privatisierungsprogramm zu forcieren. Er kam damit einer in jüngster Zeit immer nachdrücklicher erhobenen Forderung des IWF nach. Der Verkauf von Aktienpaketen des Fernmeldeunternehmens Türk Telekom und der Fluggesellschaft Türk Hava Yollari soll bereits am 14. Dezember ausgeschrieben werden. Darüber hinaus kündigte der Politiker weitere Strukturreformen an. In einem der ersten Schritte will er den Elektrizitätsmarkt deregulieren. Unterdessen wurde gestern ein weiteres Kreditinstitut, die Demirbank, unter die Kontrolle der staatlichen Aufsicht gestellt. Sie ist die neuntgrößte Geschäftsbank des Landes. Außerdem entzogen die Aufseher der Investmentbank Park Yatirim die Zulassung. IWF-Generaldirektor Horst Köhler begrüßte in einer in Washington veröffentlichten Erklärung Ecevits Ankündigungen. Die geplanten Schritte zeigten den festen Willen, die gegenwärtige Krise zu meistern. Köhler lobte vor allem die "Entschlossenheit der türkischen Regierung, den Bankensektor zu stärken und damit an die Wurzel der gegenwärtigen Probleme zu gehen". Das Programm der Regierung in Ankara verdiene "starke internationale Unterstützung". Er werde deshalb dem Exekutivdirektorium des Währungsfonds empfehlen, der Türkei Kredite in Höhe von 10,4 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Davon entfallen 2,9 Milliarden auf ein bereits im Sommer ausgehandeltes Beistandsabkommen. Die Nachricht über den IWF-Beistand ließ die Aktien kräftig steigen. Der umfassende Index der Istanbuler Börse kletterte gestern um 19 Prozent. Bereits am Dienstag hatte der Index, der in den vergangenen zwei Wochen um rund 40 Prozent eingebrochen war, in Erwartung des Hilfspakets um ein Fünftel zugelegt. |