Badische Zeitung, 8.12.2000 Strenge Auflagen Bleiberecht für Bosnier bleibt selten Von unserer Mitarbeiterin Ingrid Jennert FREIBURG. Sie sind traumatisiert, mit einem Serben oder einer Kroatin verheiratet oder Zeuge vor dem Internationalen Gerichtshof: Wenn ein bosnischer Kriegsflüchtling noch in Deutschland lebt, braucht er entweder internationalen Schutz oder ihm ist die Rückreise in seine Heimat aufgrund seiner Kriegserlebnisse nicht zuzumuten. So ist ihre Zahl rapide gesunken: Von den einst 350'000 Kriegsflüchtlingen aus Bosnien leben noch 37'000 in Deutschland, 3919 in Baden-Württemberg. Seit dem Frühjahr dieses Jahres werden auch diese Flüchtlinge aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Mit diesem rigorosen Vorgehen steht die Bundesrepublik völlig isoliert da: Aufnahmeländer wie Österreich, die Niederlande, Dänemark, Kanada oder die USA haben fast allen Bosniern, die bis Mai 2000 noch nicht in die Heimat zurückkehren konnten, inzwischen Bleiberecht gewährt. Als die Innenminister Ende November darüber berieten, wie künftig mit den restlichen Flüchtlingen umgegangen werden sollte, appellierten Wohlfahrtsverbände, Pro Asyl und UNHCR, dass auch ihnen ein dauerhaftes Bleiberecht eingeräumt werden solle. Dem hat die Innenministerkonferenz nur bedingt entsprochen: Zwar sollen traumatisierte Bosnier und ihre Angehörigen bleiben dürfen. Voraussetzung ist aber, dass sie Anfang 2000 in psychotherapeutischer Behandlung waren. Eine Voraussetzung, die schwer zu erfüllen ist: Für die traumatisierten Flüchtlinge gibt es viel zu wenige Beratungsstellen. Der Migrationsdienst des Deutschen Roten Kreuzes in Freiburg etwa - der einzige Anbieter für psychosoziale Beratung in Südbaden - hat Wartezeiten von mehreren Monaten. Gleichzeitig ist das Geld knapp, die Beratungsstelle kämpft ums Überleben. Auch ältere Personen, die am 15. Dezember 1995 das 65. Lebensjahr überschritten hatten, können nach den Beschlüssen der Innenministerkonferenz eine Aufenthaltsbefugnis erhalten, doch auch hier schränken die Innenminister vehement ein: Die Flüchtlinge dürfen weder in Bosnien Angehörige haben noch in Deutschland auf Sozialhilfe angewiesen sein. Für Senioren, die nicht mehr arbeiten können, gibt es kaum eine Chance auf ein Bleiberecht.
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