Mannheimer Morgen, 8.12.2000 "Deal" durch die Hintertür? Panzergeschäft mit Ankara Von unserem Korrespondenten Rolf Henkel (Berlin) Kommt das größte deutsche Rüstungsgeschäft, die Lieferung von 1000 Leopard-2-Panzern an die Türkei, doch noch zustande? Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der spanische Ministerpräsident Aznar tüfteln hinter den Kulissen an einem Modell, das den 14 Milliarden Mark schweren Deal trotz des Widerstands der Grünen möglich macht. Die Gespräche werden am 16. und 17. Dezember in Berlin fortgesetzt, wo sich Aznar zu einem privaten Besuch bei der Familie Schröder einfindet. Der Panzer-Deal brachte die rot-grüne Koalition bereits letztes Jahr an den Rand einer Krise, als die Türkei von Deutschland einen Testpanzer des Typs Leopard 2 A5 erbat. Einen weiteren Testpanzer lieferte der US-Konzern General Dynamics mit dem Typ M1 A2. Trotzdem kam aus Ankara wiederholt die inoffizielle Meldung, die Türkei habe sich bereits zum Kauf des deutschen Panzers entschieden. Dessen Lieferung lehnen die Grünen aber kategorisch ab. Auf ihren Druck hin wurden erst im letzten Jahr die Richtlinien für Rüstungsexporte drastisch verschärft. Länder, in denen die Menschenrechte nicht exakt eingehalten werden, können nicht mit deutschen Rüstungslieferungen rechnen. Dieser Passus richtet sich vor allem gegen die Türkei, wo politische Häftlinge gefoltert werden und die kurdische Minderheit von der Armee unterdrückt wird. Andererseits gehört die Türkei der Nato an, in deren Mitgliedsländer Deutschland ansonsten Waffen ohne Einschränkung liefert. Inzwischen zeigt sich aber eine Möglichkeit, das Geschäft mit der Türkei doch noch abzuwickeln. Im Mittelpunkt steht der staatliche spanische Rüstungskonzern Santa Barbara, der über die Lizenz zum Bau des Leopard-Panzers verfügt. Der konservative Ministerpräsident Aznar will die Firma schon seit Monaten an General Dynamics verkaufen. Doch die Deutschen versuchen dies zu verhindern - auch, um der Konkurrenz in den USA nicht die Blaupausen für die weltweit gefragten Leopard-Panzer zuzuspielen. Zuerst intervenierte Verteidigungsminister Rudolf Scharping in Madrid, seit einiger Zeit ist auch der Bundeskanzler in die Gespräche eingeschaltet. Das letzte Treffen fand Mitte September in Segovia statt, wo Schröder und Aznar bei zwei Flaschen besten spanischen Rotweins über den Verkauf von Santa Barbara sprachen. Schröder soll dabei, so berichtet die spanische Zeitung "El Correo", angedeutet haben, dass der "Leo" für die Türkei in Spanien gebaut werden könnte. Auf diese Weise könnten beide Länder von dem 14-Milliarden-Mark-Geschäft profitieren und für ein Jahrzehnt 10 000 Arbeitsplätze sichern. Auf deutscher Seite sind am Bau des Leopard die Firmen Krauss-Maffei-Wegmann und Rheinmetall beteiligt. Wenn der "Leo" in Spanien gebaut würde, bliebe auch der Bundessicherheitsrat außen vor - jenes Gremium aus Spitzenpolitikern, das jeden Export deutscher Rüstungsgüter absegnen muss. Mitglied ist auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne), der im Auftrag seiner Partei alle Rüstungsexporte in Länder mit zweifelhaftem Stand der Menschenrechte ablehnt.
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