Frankfurter Rundschau, 12.12.2000

Türkei

Häftlinge gehen auf Zusage Ankaras nicht ein

öhl ATHEN, 11. Dezember. Die Hoffnungen auf ein Ende des so genannten "Todesfastens" in mehr als einem Dutzend türkischen Haftanstalten haben sich auch am Montag nicht erfüllt. Zwar hatte Justizminister Hikmet Sami Türk am Wochenende zugesagt, die Inbetriebnahme der umstrittenen neuen Hochsicherheitsgefängnisse auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Doch die im Hungerstreik befindlichen Häftlinge verlangen einen definitiven Verzicht auf die neuen Haftanstalten, die statt der bisherigen Gemeinschaftsräume Einzelzellen haben. Die Gefangenen fürchten Isolation und Misshandlungen. Zugleich verlangen sie eine Abschaffung der Staatssicherheitsgerichte, die Streichung der Anti-Terrorgesetze sowie regelmäßige Inspektionen der Gefängnisse durch Menschenrechtsorganisationen, Ärzte und Rechtsanwälte.

Ministerpräsident Bülent Ecevit bezeichnete diese Forderungen als grundsätzlich nicht akzeptabel. Der Premierminister appellierte an die Eltern der im Hungerstreik befindlichen Häftlinge, auf ihre Kinder einzuwirken: "Dieses Todesfasten muss nun zu einem Ende kommen", sagte Ecevit.

Nach inoffiziellen Angaben befinden sich 364 Häftlinge im Hungerstreik, 203 von ihnen beteiligen sich am so genannten Todesfasten. Viele von ihnen haben seit nun 53 Tagen keine Nahrung mehr zu sich genommen.