junge Welt, 13.12.2000

Todesstrafe für Soysal gefordert

PKK-Funktionär in Ankara vor Gericht

Ankara. Vor dem Staatssicherheitsgericht in Ankara wird derzeit der Fall Cevat Soysal verhandelt. Dieser wird als "Nr. 2 der PKK" betrachtet und ist wegen leitender Funktion in einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Am Dienstag forderte der Staatsanwalt die Richter in einem 20minütigen Plädoyer unter Verweis auf Artikel 125 der türkischen Verfassung auf, gegen Soysal wegen Separatismus und Hochverat die Todesstrafe zu verhängen. Als "Beweis" für die Anschuldigungen führte die Staatsanwaltschaft Tonbandaufnahmen sowie belastende Aussagen von PKK- Chef Abdullah Öcalan und "sechs Individuen" an.

Der nun inhaftierte Kurde Soysal lebte in der BRD als anerkannter Asylberechtigter und wurde vom türkischen Geheimdienst MIT im Juli letzten Jahres aus der ehemaligen Sowjetrepublik Moldawien entführt. Neun Tage galt Soysal seinerzeit als verschollen, bis er schließlich in Ankara als Gefangener auftauchte. Nach eigenem Bekunden wurde Soysal in den neun Tagen beim MIT bestialisch gefoltert. Soysal hatte zu Prozeßbeginn bereits darauf hingewiesen, daß er aufgrund der Folgen der Folter nicht in der Lage sei, sich vor Gericht zu verteidigen. Das Verfahren wurde auf den 21. Dezember vertagt.

(jW)