Neue Luzerner Zeitung, 13.12.2000 Parteienverbot Türkei vor innerer Zerreissprobe red. In Ankara hat gestern ein Prozess begonnen, der das Land erneut spaltet. Das Verfassungsgericht muss entscheiden, ob die islamistische Tugendpartei, die stärkste parlamentarische Kraft, verboten werden soll. Der Generalstaatsanwalt wirft ihr vor, die Trennung von Staat und Religion anzustreben. Hinter dieser Anschuldigung steht die Führungsriege des Militärs, die sich als Hüterin des Erbes von Staatsgründer Kemal Atatürk sieht, welcher Staat und Religion strikt getrennt haben wollte. Im Vorfeld des Prozesses, der sich über Wochen hinziehen dürfte, beseitigte das Verfassungsgericht bereits gewisse Hürden für das Verbot von Parteien. Würde die islamistische Partei verboten, so entstünde für die Türkei auf dem Weg in die EU neben dem Kurdenproblem und der Todesstrafe ein weiteres Hindernis.
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