Tagblatt (CH), 15.12.2000 Steppenrute, Linsensuppe und Hackfleisch bischofszell. Der emigrierte kurdische Schriftsteller Yusuf Yesilöz erzählte kürzlich in der Cunupi-Bar in Hackborn zu kurdischer Küche Kindheitserinnerungen aus Kurdistan aus seinem Buch "Steppenrutenpflanze". Hungrig und erwartungsvoll sassen rund zwei Dutzend Leute in der heimeligen Cunupi-Bar in Hackborn und harrten der kulinarischen als auch der literarischen Überraschungen aus Kurdistan. Bereits der ungewohnte kurdische Klangteppich, der für die Besucher in der kleinen Gaststube zur Begrüssung ausgelegt war, liess etwas ganz Besonderes erwarten. Für den kulinarischen Part an diesem stimmungsvollen Abend war ein kurdischer Landsmann des Schriftstellers Yesilöz, der in Bischofszell lebende Ayhan Karmis verantwortlich. Er hatte eine "Nisk" - eine Rote Linsensuppe - als Entrée vorbereitet, währenddem die "Icli-Köfte- ile-Bulgur-Hackfleischbällchen" in Weizengrütze mit Spiegelei auf Spinatbeet - bereits in der Pfanne brutzelten. Für Vegetarier hatte er sogar ein spezielles Menü auf den Tisch gezaubert. Dann rückten die Besucherinnen und Besucher im adventlich beleuchteten Gaststübchen zusammen, um ganz Ohr zu sein für die lebendigen Kindheitserinnerungen, die der 39jährige Yusuf Yesilöz aus seinem Buch "Steppenrutenpflanze" vorlas. Der Schriftsteller lebt seit elf Jahren in der Schweiz, ist mit einer Kinderärztin verheiratet und wurde 1994 anlässlich eines Besuches von kurdischen Verwandten in der Türkei trotz seines Schweizer Passes verhaftet und drei Wochen gefangen gehalten. Der Autor verstand es, mit Leichtigkeit, Witz und Ironie, Stück für Stück ein Bild der kurdischen Lebenswelt in die warme Gaststube zu zaubern. Für einmal eine kurdische Nacht, die allen geschmeckt hat. RST
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