AFP, 14. Dezember 2000, 19.43 Uhr Rückschlag für Militärpläne der EU Veto der Türkei verhindert grünes Licht der NATO Die ehrgeizigen Militärpläne der EU haben einen Rückschlag erlitten. Der massive Widerstand der Türkei verhinderte beim NATO-Außenministertreffen in Brüssel grünes Licht für die künftige Zusammenarbeit der beiden Organisationen im Krisenfall. Im Bündnis gebe es "unterschiedliche Ansichten" über die Pläne der Europäischen Union (EU), räumte NATO-Generalsekretär George Robertson ein. "Das wird nicht an einem Tag gelöst", fügte er hinzu. Die Regierung in Ankara sperrte sich vor allem gegen den von der Union verlangten grundsätzlichen Zugriff auf NATO-Planungseinheiten. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) warnte, eine solche Blockade könne zum Aufbau eigener EU-Planungseinheiten führen. Dies wiederum wollen vor allem die USA unbedingt verhindern. "Die Türkei besteht noch immer darauf, dass über den Zugriff der EU auf Mittel der NATO von Fall zu Fall entschieden wird. Die übrigen 18 Alliierten dagegen sind mit einem garantierten und dauerhaften Zugriff einverstanden", sagte der britische Außenministers Robin Cook. Da Entscheidungen in der NATO einstimmig gefasst werden müssen, waren Teile der am Wochenende in Nizza gefassten Beschlüsse der EU damit blockiert. Die 15 Unions-Staaten hatten festgelegt, dass die EU im Falle eines Einsatzes grundsätzlich auf Planungseinheiten im militärischen Hauptquartier der NATO (SHAPE) zurückgreifen soll. Die türkische Regierung will aber Kontrolle über EU-Einsätze nicht aus der Hand geben. Die Türkei ist Mitglied der NATO, nicht aber der Union. Auch ein Gespräch, das die scheidende US-Außenministerin Madeleine Albright am Rande des Ministertreffens mit ihrem türkischen Kollegen Ismael Cem führte, konnte die Haltung Ankaras nicht aufweichen. Die Bemühungen um eine Einigung wurden am Abend abgebrochen und sollten am Freitag fortgesetzt werden. Bundesaußenminister Fischer ging allerdings davon aus, dass die Beziehungen zwischen EU und NATO erst im kommenden Halbjahr - unter EU-Ratspräsidentschaft des neutralen Schweden - "vorangebracht" werden. Fischer warnte vor einer dauerhaften Blockade. Anderenfalls werde die EU eigene Planungseinheiten schaffen, was nicht im Interesse des Bündnisses liege. Vor allem die USA warnen vor einer solchen Entwicklung, durch die sie die NATO zu sehr an den Rand gedrängt sähen. Auch Robertson mahnte: "Es gibt keinen Anlass, ein neues SHAPE zu schaffen, wenn es ein SHAPE gibt." Hintergrund ist auch das weiterhin anhaltende Misstrauen gegen die französische Haltung. Bislang hatte Paris stets auf größtmögliche Eigenständigkeit der EU-Militärpolitik gepocht. Der Konflikt wurde am Donnerstag allerdings weitgehend beigelegt.
|