web de 17.12.2000 20:46 Ankara zur Wiederaufnahme von Verhandlungen aufgefordert Ankara (AP) Türkische Menschenrechtsaktivisten haben Justizminister Hikmet Sami Türk am Sonntag zur sofortigen Wiederaufnahme von Verhandlungen mit den hungerstreikenden Häftlingen aufgefordert. Niemand dürfe sterben, erklärte Husnu Odul, der Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsvereinigung, nach einem Treffen mit Türk. Die Gefangenen, überwiegend Angehörige linksgerichteter Gruppen, wehren sich gegen eine von der Regierung beabsichtige Verlegung von offenen Abteilungen in kleinere Zellen. Nach 59 Tagen Hungerstreik stehen Dutzende der protestierenden Häftlinge nach Angaben von Ärzten am Rande des Todes. Die Gespräche zwischen den Häftlingen und der Regierung befinden sich in einer Sackgasse. Justizminister Türk hatte am Freitag erklärt, die Regierung könne der jüngsten Forderung der Häftlinge nach einer Zusammenlegung in Zellen zu 20 Gefangenen nicht nachkommen. «Dies zu akzeptieren würde bedeuten, die Gefängnisreform in der Türkei für immer aufzugeben», sagte er. Die Gefangenen befürchten, mit einer Verlegung Übergriffen von Aufsehern schutzlos ausgeliefert zu sein. Insgesamt befinden sich laut Türk mehr als 1.000 Häftlinge im Hungerstreik. 249 Gefangene beteiligen sich am so genannten «Todesfasten», sie nehmen nur Wasser zu sich. Mehrere Vermittler, die sich für ein Ende des Hungerstreiks einsetzen, stellten ihre Bemühungen inzwischen ein. Vor zwölf Jahren waren zwölf Gefangene bei einem ähnlichen Streik verhungert. Ministerpräsident Bülent Ecevit kündigte unterdessen an, das jüngste Veto von Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer gegen ein Amnestiegesetz zu überstimmen. Sezer legte am Freitag sein Veto gegen das Gesetz ein, das die Freilassung von fast der Hälfte der 72.000 Gefangenen zur Folge hätte. Das Gesetz ist Teil der Gefängnisreform. Sezer erklärte jedoch, die vorzeitigen Freilassungen würden das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz untergraben. Ecevit erklärte am Samstag, er werde das Gesetz an das Parlament zurückverweisen. Sollte es das Gesetz unverändert bestätigen, könnte Sezer nur noch beim Verfassungsgericht eine Annullierung beantragen.
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