Hamburger Abendblatt, 12.12.2000
Demonstrieren nur auf Deutsch
Hans-Ulrich Klose über Ausländerrecht und EU-Gipfel
Von ULRIKE BRENDLIN
Berlin - Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags,
Hans-Ulrich Klose, hat keine Erkenntnisse über eine gezielte Zusammenarbeit
von Rechtsextremisten und radikalen Arabern in Deutschland. Zudem tritt
der SPD-Politiker Befürchtungen entgegen, der israelisch-palästinensische
Konflikt könne auf Deutschland überschwappen und hier ausgetragen
werden. Klose räumte aber ein: "Es gibt ein generelles Problem
von ausländischen Gruppen, die politische Aktivitäten in Deutschland
entwickeln."
So würden zum Beispiel nicht nur die Konflikte zwischen Türken
und Kurden auf deutschen Straßen ausgetragen. Sondern auch öffentliche
Proteste von Iranern, Tunesiern und Algeriern mit ihren eigenen Landesregierungen
nähmen in Deutschland zu. Besonders "schlimm" findet der
Ausschussvorsitzende, dass diese Demonstrationen in der jeweiligen Landessprache
der Protestierer erfolge. "Die Krux ist, dass deutsche Polizeibeamte,
die solche Kundgebungen begleiten müssen, weder türkisch noch
kurdisch verstehen, also nicht wissen, was auf den Protestplakaten geschrieben
steht."
Klose regt an, die Demo-Transparente müssten zumindest in deutscher
Sprache abgefasst werden. Womöglich aber müsse eine noch härtere
Gangart eingeschlagen werden. Denkbar sei, so der SPD-Politiker, "politische
Aktivitäten von Ausländern in Deutschland zu untersagen".
Darüber müsse ernsthaft nachgedacht werden. Ein solches Verbot
von Kundgebungen ausländischer Polit-Aktivisten könne im Ausländerrecht
verankert werden, meinte Klose.
Mit dem gestern früh zu Ende gegangenen EU-Gipfel in Nizza zeigte
sich Klose "zufrieden". Dass Deutschland als bevölkerungsstärkstes
Land in der Europäischen Union sich weiterhin mit genauso vielen
Stimmen wie Frankreich, Großbritannien und Italien zufrieden geben
muss, könnte laut Klose durch die künftige Größe
und Zusammensetzung des Europaparlaments relativiert werden. "Während
Deutschland nach wie vor mit 99 Abgeordneten vertreten wäre, hätten
die anderen großen Länder künftig nur noch 74 Sitze statt
derzeit 87."
Nun müsse nur noch durchgesetzt werden, dass das EU-Parlament bei
von dem Ministerrat beschlossenen Gesetzen mitwirken könne. Klose:
"Das wäre ein erheblicher Kompetenz- und Prestige-Zugewinn für
die Europa-Parlamentarier."
Angesichts der baldigen EU-Osterweiterung versuchte Klose der deutschen
Bevölkerung die Angst vor zusätzlichen Billig-Arbeitskräften
aus den osteuropäischen Staaten zu nehmen. "Beim Punkt Freizügigkeit
für osteuropäische Arbeitnehmer wird es Übergangsfristen
geben." Schon heute aber hingen viele Arbeitsplätze in Deutschland
vom Außenhandel mit Osteuropa ab. Erweitere sich der Markt durch
die Beitritte etwa von Polen, Ungarn und Tschechien, werde das positive
Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt haben.
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