Radikal 20.12.2000
Das Gefürchtete ist eingetreten (...)
Nach offiziellen Angaben hat es bei der Operation, der den Namen "Rückkehr
zum Leben" gegeben worden ist, 17 Tote gegeben. Inoffizielle Quellen
sprechen indessen von über 30 Todesopfern. Die Operation begann zeitgleich
um 4.30 in zwanzig Gefängnissen. Während in den kleineren Gefängnissen
die Gefangenen innerhalb kurzer Zeit in Krankenhäuser verlegt wurden,
dauerten die Auseinandersetzungen in den grösseren den ganzen Tag
über an. Die Entscheidung zum Angriff trafen Ministerpräsident
Ecevit, Justizminister Türk und Innenminister Tantan gemeinsam mit
zwei hochgestellten Bürokraten am Vortag. (...)
Der Schlüsselpunkt der Intervention war Bayrampasa, wo sich die Anführer
aufhielten. Wie offizielle Stellen mitteilten, starben dort 12 Menschen,
darunter drei Organisationsverantwortliche, die die Verhandlungen geführt
hatten. Es wird angenommen, dass die Zahl höher ist. Von den in Krankenhäuser
verlegten Gefangenen verweigerten sowohl die Todesfastenden sowie diejenigen,
die sich selbst angezündet haben und die, die bei den Auseinandersetzungen
verletzt wurden, die Behandlung. Gefangene, deren Zustand nicht ernst
war, wurden wieder in Gefängnisse verlegt. Von den Todesfastenden
befinden sich 99 ab heute im 62. Tag. Bei 19 von ihnen ist der Zustand
sehr ernst. Nach Meinung von Ärzten reicht die medizinische Unterstützung
nach dem Eintreten von Bewusstlosigkeit nicht mehr aus, um Leben zu retten.
(...)
Justizminister Türk teilte mit, dass die Operation erfolgreich verlaufen
sei und bedankte sich bei den Sicherheitskräften. Er sprach den Familien
der Gefangenen sein Beileid aus und sagte weiterhin: "Die Todesfälle
resultieren nicht aus der Operation. Die Toten haben sich auf Befehl der
Organisationen selbst verbrannt." Gegen Demonstranten, die gegen
die Operation protestierten, ging die Polizei mit Härte vor. Es kam
zu Hunderten von Festnahmen. Während sich die Prostestaktionen auch
auf europäische Städte ausweiteten, riefen Vertreter von EU-Staaten
Ankara zur Mässigung auf. (...)
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