Süddeutsche Zeitung, 21.12.2000 Israel vor den Premierministerwahlen Schimon Peres will gegen Ehud Barak antreten Nobelpreisträger benötigt für seine Kandidatur gegen den Parteikollegen die Unterschrift von zehn Abgeordneten / Von Thorsten Schmitz Jerusalem - Der frühere Premierminister und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres hat am Mittwoch eine mit Spannung erwartete Entscheidung gefällt und seine Kandidatur für das Amt des Premierministers angekündigt. Am Mittag informierte der 77-jährige Politiker seine Arbeitspartei, der auch Premierminister Ehud Barak angehört. Nach Angaben des israelischen Rundfunks wird Peres bei der vorgezogenen Direktwahl am 6. Februar gegen seinen Parteikollegen Barak antreten, obwohl dieser ihn noch am Tag zuvor mehrfach öffentlich aufgefordert hatte, von einer Gegenkandidatur Abstand zu nehmen. Jüngsten Umfragen zufolge hat Peres bessere Chancen, den Likud-Kandidaten Ariel Scharon zu schlagen als Barak. Peres erklärte sich bereit, seine Kandidatur zurückzuziehen, falls es Barak bis zum 21. Januar gelingen sollte, einen Friedensvertrag mit den Palästinensern auszuhandeln. Die Ankündigung Peres', gegen Barak anzutreten, dürfte nach Einschätzung israelischer Medien die Spaltung innerhalb der Arbeitspartei vertiefen. Peres werden im Gegensatz zu Barak gute Kontakte zu Palästinenserpräsident Jassir Arafat nachgesagt. Um kandidieren zu können, muss er allerdings bis Donnerstagnacht zehn Unterschriften von Knesset-Abgeordneten zusammenbringen. Die linke Meretz-Partei will am Donnerstag entscheiden, ob sie Peres mit ihren zehn Abgeordneten als Kandidat des "Friedenslagers" unterstützt. Arafat erklärte am Mittwoch angesichts neuer Erschießungen von Palästinensern im Westjordanland und in Gaza, Israel betreibe eine "Eskalation der Gewalt" und sabotiere so die Friedensgespräche der Unterhändler in Washington. Er sagte nach seiner Rückkehr aus Kairo, wo er mit Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak gesprochen hatte: "Hinter der israelischen Aggression steckt die Absicht, den Friedensprozess zu zerstören." Arafat schloss auch nicht aus, dass er seine Verhandlungsdelegation aus Washington abberufen werde. Bei heftigen Kämpfen zwischen israelischen Soldaten und palästinensischen Extremisten im Süden des Gaza-Streifens und an der Netzarim-Kreuzung nahe der jüdischen Siedlung Kfar Darom waren nach unterschiedlichen Berichten mindestens zwei, womöglich aber vier Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen worden, darunter ein Junge. Bei einem stundenlangen Schusswechsel nahe dem Flüchtlingslager Rafiah im Süden von Gaza war er nach israelischen Angaben in ein Kreuzfeuer geraten. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei mindestens 40 Palästinenser verletzt, darunter fünf Schulmädchen schwer. Bei den am 28. September ausgebrochenen Unruhen sind bislang mindestens 334 Menschen getötet worden, die meisten waren Palästinenser. Mehr als 17 000 Menschen wurden verletzt. Am zweiten Tag ihrer getrennten Gespräche mit dem amerikanischen Sondergesandten Dennis Ross äußerten sich die palästinensischen und israelischen Unterhändler unterschiedlich über die Chancen eines Gipfeltreffens von Arafat und Barak. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte, er habe kaum Hoffnung. Der israelische Minister Amnon Lipkin-Schachak erklärte im Armeerundfunk, die Gespräche seien schwierig, eine Annäherung in den Streitfragen aber möglich. Für Mittwoch war ein Treffen von US-Präsident Bill Clinton mit Israels Außenminister Schlomo Ben-Ami vorgesehen. |