Frankfurter Rundschau, 23.12.2000

Iran

Prozess wegen Mordserie beginnt ohne Nebenkläger

aud FRANKFURT A. M., 22. Dezember. An dem Prozess um die Ermordung iranischer Intellektueller im Jahre 1998 wollen die Nebenkläger und Angehörigen der Opfer nicht teilnehmen, weil sie kein faires Verfahren erwarten. Wie die FR über den Berliner Verein iranischer Flüchtlinge erfuhr, werden die Kinder des ermordeten Ehepaars Dariush und Parvaneh Forouhar vor dem Gerichtsgebäude in Teheran protestieren.

Beide waren wegen des Prozesses eigens dorthin gereist. Doch ihre Vertreterin, die Rechtsanwältin Schirin Ebadi, habe vor kurzem Berufsverbot erhalten. Ihr Kollege, Rechtsanwalt Sarabschan, sei am 10. Dezember wegen Verunglimpfung der Justiz verhaftet worden. Er hatte in einem Interview beklagt, dass die Prozessakten unvollständig seien. Er sitzt den Angaben zufolge nun im Teheraner Evin-Gefängnis.

Damit verfüge die Nebenklage über keine Anwälte mehr. Es sei deshalb nicht zu erwarten, dass der Prozess die Wahrheit ergründen solle, sagte der Vereinssprecher Hamid Nowzari. Dagegen hatte das Gericht verlauten lassen, die Angehörigen hätten ihre Anwälte entlassen, wie die Nachrichtenagentur Reuters zitierte.

Das Verfahren dreht sich um die Morde an den beiden Forouhars und an den beiden Sekretären des iranischen Schriftstellerverbands, Mohammed Pujande und Mohammed Mochtari. Angeklagt sind Geheimdienstmitarbeiter aus der zweiten Reihe, nachdem sich der Hauptangeklagte Said Ebadi umgebracht hatte. Ermittlungen gegen den damaligen Geheimdienstchef Ali Fallahian waren unterbunden worden. Die Mordserie hatte große Anteilnahme in der iranischen Bevölkerung erregt. Viele Menschen hatten gehofft, dass Präsident Mohammed Khatami für Aufklärung sorgen würde.

Mitte der Woche seien die beiden Mitglieder der Partei der iranischen Nation von Dariush Forouhar, Khaled Fereiduni und Omar Rasulipur, wegen Abkehr von der Religion und Zugehörigkeit zu einer verbotenen Partei zum Tode verurteilt worden, sagte Nowzari. Auch dies gehöre zum Klima der Einschüchterung, das offenbar wegen des Prozesses in Iran erzeugt werden solle