Yeni Gündem, 23.12.2000
Todeszellen in Sincan
Wie die Anwälte, die gestern ins Sincan F-Typ-Gefängnis gingen,
mitteilten, wurden die sich nach wie vor in Todesfasten und Hungerstreik
befindenden Gefangenen halbnackt in Zellen geworfen. Falls die Bedingungen
nicht verbessert würden, sei mit einem Sammelsterben zu rechnen.
Die 15 Anwälte, die mit ihren nach Sincan verlegten Klienten fünf
Stunden sprechen konnten, gaben in einer Presseerklärung am drei
Kilometer vom Gefängnis entfernten Kontrollpunkt bekannt, dass ihre
Klienten keine medizinische Behandlung akzeptieren und die vorher hungerstreikenden
Gefangenen inzwischen das Todesfasten begonnen hätten.
RA Selçuk Kozagaçli erklärte, dass der Gesundheitszustand
der vor allem aus Ceyhan, Malatya, Bartin, Çankiri und Aydin verlegten
Gefangenen sehr ernst sei. Beim Transport in die Krankenhäuser seien
sie gefoltert worden. "Bei allen Menschen, die wir trafen, sahen
wir gebrochene Finger, Füsse, Arme, Beine, schwere Schädelverletzungen,
und alle hatten gebrochene Nasen. Die Verletzungen an Körper und
Gesicht waren sehr schwer." Weiterhin sagte Kozagaçli, da
die Gefangenen halbnackt in Ein- und Drei-Personen-Zellen geworfen worden
seien, manche nur mit Shorts bekleidet, manche in Krankenhaushemden, und
die Heizungen nicht brennen, hätten alle Gefangenen am ganzen Leib
gezittert.
(...) Er erinnerte daran, dass sich die Todesfastenden im 65. Tag befänden
und manche Gefangene auch kein Salz und Zucker mehr zu sich nehmen würden.
RA Kazim Bayraktar teilte mit, dass durch Schüsse mit einem Jagdgewehr
in Çankiri viele Gefangene durch Schrotkugeln verletzt seien. Alle
Gefangene, die er getroffen habe, seien wegen der Operation voller blauer
Flecke. Auch er betonte, dass die Gefangenen die Weiterführung des
Todesfastens angekündigt hätten.
RA Filiz Kalayci erklärte, der Zustand der Klienten, mit denen sie
sich getroffen habe, sei besorgniserregend, und sagte weiterhin: "Ich
wollte mich mit zwei Klienten treffen, die in Isolation gehalten werden,
Ali Gülmez und Cafer Tayyar. Das wurde nicht ermöglicht. Ich
mache mir grosse Sorgen um das Leben dieser beider Menschen." Auch
RA Betül Vangölü teilte ihre Besorgnis um das Leben ihres
Klienten Cihan Seker mit, den sie trotz anderslautender Papiere nicht
habe treffen können.
Keine Treffen in Edirne
Die Anwälte, die zum Treffen mit ihren Klienten im Edirne F-Typ-Gefängnis
gehen wollten, wurden 1.5 Kilometer vor dem Gefängnis von Jandarma
aufgehalten. Nach Aussage von RA Tonguç Aslan sagte der zuständige
Unteroffizier: "Wir haben keinen Befehl in dieser Sache. Warum vertrauen
sie dem Minister und sind hierher gekommen. Wir sind nicht an das Ministerium
gebunden."
Zehn Anwälte, die beim Oberstaatsanwalt von Edirne, Ali Sener, vorsprachen,
um eine Erlaubnis einzuholen, wurden wieder hinausgeworfen. Wie RA Mihriban
Kirdök mitteilte, habe der sich aggressiv verhaltende Oberstaatsanwalt
die Anwälte mit den Worten "Ich habe keine solche Erklärung
erhalten. Ich bin jetzt mit der Amestie beschäftigt. Was halten Sie
mich auf?" angeschrien. (...)
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