Berliner Zeitung, 27.12.2000 Zustände in Irans Gefängnissen angeprangert Präsidenten-Bruder fordert Rücktritt des Justizchefs TEHERAN, 26. Dezember. Der führende iranische Reformpolitiker Mohammed Resa Chatami hat den Rücktritt des Chefs der konservativen Justizbehörde seines Landes gefordert. Der jüngere Bruder von Präsident Mohammed Chatami sagte der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am Montag, Abbas Ali Alisadeh habe die Grenzen der Justiz überschritten und sei daher nicht mehr für das Amt geeignet. Alisadeh hatte am vergangenen Donnerstag die verbotenen reformorientierten Tageszeitungen als Stützpunkte der Feinde der islamischen Republik bezeichnet. Unterdessen prangerte ein Parlamentsausschuss Menschenrechtsverletzungen in den Gefängnissen des Landes an. Der Vorsitzende des Ausschusses, Abdul Nasser Kawami, sagte laut einem Bericht der Tageszeitung "Hajat e Nu" vom Sonntag, bei Besuchen in Haftanstalten hätten die Abgeordneten mehrere Fälle festgestellt, in denen die Rechte der Gefangenen verletzt worden seien. Darunter seien auch Maßnahmen gegen den inhaftierten Journalisten Akbar Gandschi. Gandschi wird vorgeworfen, im April mit seiner Teilnahme an einer Iran-Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin die Sicherheit des Landes gefährdet zu haben. Während seines Prozesses zeigte er Fotografen Wunden an Kopf und Händen und gab an, in der Haft misshandelt worden zu sein. Gandschi zog sich den Zorn des konservativen Klerus nach Äußerungen über die Mordserie an fünf iranischen Dissidenten Ende 1998 zu. Er beschuldigte den ehemaligen Geheimdienstminister Ali Fallahian und andere Regierungsvertreter, in die Verbrechen verwickelt zu sein. Das Geheimdienstministerium machte abtrünnige Agenten für die Morde verantwortlich. (AP) |