taz Berlin 28.12.2000 Gegen Polizeiärzte Die Ärztekammer kritisiert erneut den Umgang mit traumatisierten bosnischen Kriegsflüchtlingen scharf Der Menschenrechtsbeauftragte der Berliner Ärztekammer, Thorsten Lucas, hat den Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen in Berlin scharf kritisiert. Die Praxis des polizeiärztlichen Dienstes, der vor Erteilung einer weiteren Duldung eine Zweitbegutachtung der Flüchtlinge vornimmt, sei "ein gravierendes menschenrechtliches Problem." Fast alle bosnischen Flüchtlinge, die von unabhängigen Ärzten als traumatisiert eingestuft wurden, habe der Dienst seit Beginn des Jahres zu einer weiteren Untersuchung bestellt und sie in den meisten Fällen für gesund und damit tauglich zur Abschiebung erklärt. Hintergrund war der Vorwurf von Innensenator Eckart Werthebach (CDU), es handele sich bei sämtlichen Urteilen von niedergelassenen Ärzten um "Gefälligkeitsgutachten". In 60 von Richtern angeforderten Gutachten sei jedoch festgestellt worden, dass die ersten Stellungnahmen zutrafen. Auf Grund der Proteste von Ärztekammer und Menschenrechtsgruppen habe der Innensenator nun zwar die Ausländerbehörde angewiesen, Bosniern, die ein unabhängiges Arztgutachten über ihren traumatisierten Zustand vorlegen, eine Duldung zu erteilen. Notwendig sei jedoch ein Bleiberecht für traumatisierte Menschen, forderte Lucas. EPD
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