Frankfurter Rundschau, 28.12.2000 IM BLICKPUNKT Streitpunkt Flüchtlinge Der Friedenskompromiss birgt noch kniffelige Hürden Im Detail sind die Grundsätze des von US-Präsident Bill Clinton präsentierten Kompromissentwurfs für einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zwar noch nicht bekannt. Doch die Konturen sind klar, ebenso die strittigen Punkte beider Seiten. Israel soll den gesamten Gazastreifen sowie etwa 95 Prozent des Westjordanlandes räumen. Die restlichen fünf Prozent wird Israel annektieren, um große Siedlungsblöcke zu bilden. Als Ausgleich erhalten die Palästinenser ein gleich großes Landstück, vermutlich die Halutza-Dünen im Süden der Negevwüste, die an den Gazastreifen angrenzen. Die Palästinenser hätten gerne die Siedlungsblöcke etwas kleiner, die Israelis etwas größer. Der Dissens gilt in diesem Punkt aber als gering. Komplizierter stellt sich die Streitfrage Jerusalem dar. Die Stadt soll nicht mit einer Grenze geteilt werden, aber die arabischen Viertel im Ost-Teil werden künftig das Zentrum einer palästinensischen Hauptstadt bilden. Die jüdischen Siedlungen innerhalb der Stadtgrenzen sowie der östliche Vorposten Maale Adumim werden Israel zugeschlagen. Souveränität erhalten die Palästinenser auch über die arabischen Quartiere der Altstadt. Eine Passage im armenischen Viertel sowie das jüdische Viertel samt Klagemauer verbleibt unter israelischer Hoheit. Die westliche Außenmauer des Tempelberges untersteht damit weiterhin dem Staat Israel, der Platz auf dem Tempelberg mit Al-Aksa-Moschee und Felsendom - von den Moslems Haram al-Scharif genannt - geht in palästinensische Hoheit über. Als strittig gilt noch der israelische Anspruch auf die Rechte des darunter liegenden zerstörten jüdischen Tempels. Eine Lösung dürfte vor allem Definitionssache sein. Weniger leicht lässt sich die Flüchtlingsfrage lösen. Eine israelische Anerkennung des Rechts auf Rückkehr der Flüchtlinge in die 1948 verlorene Heimat, heute Staat Israel, wird es nicht geben. Stattdessen sollen sie zwischen finanzieller Kompensation oder Repatriierung in einem künftigen Staat Palästina wählen. Israel ist demnach nur verpflichtet, Flüchtlinge bei Familienzusammenführungen aufzunehmen. Die Rede ist von einer Quote von 100 000 verteilt auf mehrere Jahre. Ob die Palästinenser auf das Rückkehrrecht verzichten, das auch in der UN-Resolution 194 anerkannt ist, steht dahin. (geg)
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