Frankfurter Rundschau, 30.12.2000 Israel riegelt Autonomiegebiete ab 16 000 Palästinenser betroffen / Scharon schreibt an Arafat Nach den jüngsten Bombenanschlägen in Tel Aviv und am Grenzübergang Sufa im Gazastreifen hat Israel die Sicherheitsmaßnahmen stark verschärft. Seit Freitag dürfen Palästinenser aus dem Westjordanland und Gazastreifen nicht mehr nach Israel einreisen. Der rechtskonservative israelische Oppositionsführer Ariel Scharon sandte überraschend eine Friedensbotschaft an Palästinenser-Präsident Yassir Arafat. JERUSALEM/WASHINGTON, 29. Dezember (ap/dpa/afp/rtr). Von der neuen Abriegelung des Westjordanlandes und Gazastreifens sind rund 16 000 Palästinenser betroffen, deren Arbeitsplätze in Israel liegen. Auch die Fahrt zu den Freitagsgebeten in der Jerusalemer Al-Aksa-Moschee wurde den Palästinensern verwehrt. Israels Premier Ehud Barak hatte die Sperrung nach den Attentaten vom Donnerstag angeordnet, bei denen 16 Menschen verletzt und zwei getötet worden waren. Die radikal-islamische Untergrundorganisation Islamischer Dschihad bekannte sich zu dem Anschlag im Gazastreifen, bei dem zwei Israelis ums Leben gekommen waren. Für den kurz davor verübten Anschlag auf einen Linienbus in Tel Aviv hatten die "Saladin-Brigaden" die Verantwortung übernommen. Nach den Anschlägen nahm die israelische Polizei nach Armeeangaben im Westjordanland 15 Palästinenser fest. Am Grenzübergang Eres im Gazastreifen wurde ein palästinensischer Polizist von israelischen Soldaten getötet. Israels Oppositionsführer Ariel Scharon äußerte einen Tag nach den neuen Bombenanschlägen in einem Schreiben an Arafat die Hoffnung, dass die derzeitigen moslemischen Feiertage "einen dauerhaften Frieden" für Israelis und Palästinenser brächten. Der Minister hatte sich bisher stets geweigert, Arafat die Hand zu geben. Knapp sechs Wochen vor der Ministerpräsidentenwahl in Israel liegt Scharon einer am Freitag veröffentlichten Gallup-Umfrage zufolge weit vor Barak. Scharon wird inzwischen von 45 Prozent der Befragten unterstützt, Barak lediglich von 24 Prozent, berichtete die Zeitung Maariv. Barak sieht derzeit offenbar wenig Chancen für ein Treffen mit Palästinenserpräsident Yassir Arafat. Das meldete Radio Israel am Freitag unter Berufung auf Regierungsquellen. Die Regierung werde immer pessimistischer, weil Arafat bislang keine klare Antwort auf die US-amerikanischen Vermittlungsvorschläge gegeben habe. Trotzdem wurden die Kontakte israelischer Minister mit palästinensischen Unterhändlern fortgesetzt. US-Präsident Bill Clinton sagte in Washington, die USA warteten auf eine formale Antwort der Palästinenser zu dem jüngst von ihm vorgelegten Friedensplan, nachdem Israel ihn als Grundlage für Schlussverhandlungen akzeptiert habe. Wenn der Nahost-Konflikt gelöst werden könne, dann innerhalb der nächsten drei Wochen, sagte Clinton. Gleichzeitig äußerten die Palästinenser Kritik an dem Zeitdruck, den die USA ausübten. Ein Friedensabkommen dürfe nicht auf diese Weise durchgepeitscht werden, sagte ein palästinensischer Vertreter.
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