„Washington Post“: Unscom spionierte für die USA
Annan: UN-Mandat wurde verletzt Washington droht Irak mit
neuem Angriff
Washington Die USA haben nach den Zwischenfällen in der Flugverbotszone
dem Irak mit einem neuen Angriff gedroht. Das Verteidigungsministerium
erklärte in Washington, die USA hätten in der Vergangenheit die
Bereitschaft gezeigt, mit überraschender Härte zuzuschlagen;
sie hielten sich das auch in Zukunft offen. Der Irak zeigte sich davon
unbeeindruckt. Verteidigungsminister Sultan Haschim Ahmed erklärte
am Mittwoch, die Iraker würden sich „bis zum Tod“ verteidigen. Über
dem Süden des Irak hatte es zuvor einen Luftkampf zwischen irakischen
und amerikanischen Flugzeugen gegeben. Es war bereits der dritte Zwischenfall
in den Flugverbotszonen seit zwei Wochen. Der Irak erkennt die nach dem
Golfkrieg 1991 zum Schutz der Kurden im Norden und der Schiiten im Süden
des Landes geschaffenen Zonen nicht an, weil ihre Einrichtung nicht auf
einen UN-Beschluß zurückgeht. Rückendeckung erhält
der Irak dabei von Rußland, das am Mittwoch seine Ablehnung der Zonen
bekräftigte.
Die „Washington Post“ berichtete unterdessen unter Berufung auf Vertraute
des UN-Generalsekretärs Kofi Annan, die Rüstungskontrollkommission
Unscom habe unter Verletzung ihres Mandats den USA geholfen, den Funk-
und Telefonverkehr der irakischen Führung abzuhören. Dies hätte
das Ziel gehabt, den Inspektoren bei der Suche nach Waffen und -verstecken
zu helfen. Annan sei inzwischen aber überzeugt, daß die USA
diese Operation genutzt hätten, um in den Sicherheitsapparat des irakischen
Präsidenten Saddam Hussein einzudringen.
Die Zeitung zitierte einen Vertrauten Annans mit den Worten, die Unscom
habe direkt zur Schaffung eines Spionagesystems für die USA beigetragen.
Er fügte hinzu: „Die Vereinten Nationen können nicht Teil einer
Operation zur Zerschlagung eines seiner Mitgliedsstaaten sein.“ Dies sei
eine Fehlentwicklung des Unscom-Einsatzes. Unscom-Chef Richard Butler hat
den Bericht der „Washington Post“ zurückgewiesen. Die USA und andere
UN-Staaten hätten die Unscom unterstützt. Er habe aber niemals
gebilligt, daß diese Staaten die Hilfe der Unscom für ihre eigenen
Zwecke in Anspruch nähmen.
In Bagdad wurde am Mittwoch eine staatliche Anweisung bekannt, nach
der amerikanische und britische Anbieter beim Kauf von Lebensmitteln und
Medikamenten nicht berücksichtigt werden sollen. Außerdem stehen
Japan und die Schweiz auf dieser schwarzen Liste.
Der deutsche Leiter des UN-Hilfsprogramms, Hans von Sponeck, wertet
die Forderung des Irak, amerikanische und britische Mitarbeiter des Programms
abzuziehen, als Sicherheitsmaßnahme: „Wenn mir der stellvertretende
(irakische) Außenminister in den letzten Dezembertagen in Bagdad
sagte, daß er wirkich besorgt ist um die Sicherheit (der UN- Mitarbeiter),
dann glaube ich ihm das“, sagte von Sponeck im Hörfunk der Deutschen
Welle in Köln. Die UNO hat die Forderung Bagdads zurückgewiesen.
In einem formlosen Schreiben an die irakische Regierung hieß es,
diese sei nach den internationalen Bestimmungen dazu verpflichtet, „die
Sicherheit und den Schutz aller humanitären UN-Mitarbeiter zu gewährleisten“.
Saddam Hussein wandte sich unterdessen mit scharfen Worten gegen jene
arabischen Staaten, die ihre Territorien für die Angriffe der USA
und Großbritanniens auf sein Land zur Verfügung gestellt hätten.
Die Völker dieser Staaten rief er auf, ihre Führungen zu stürzen,
die nichts weiter seien als „Handlanger, Kollaborateure, inthronisierte
Zwerge und Feiglinge“. rtr/dpa