Köln, 10. Januar 1999
Presseinformation
Hungerstreik kurdischer Flüchtlinge im Abschiebeknast Büren
Büro der Fluggesellschaft Türkish Airlines in Köln
besetzt
Keine Abschiebung von Hasan Ay und Mustafa Tayfun in die Türkei!
Aus Solidarität mit dem Hungerstreik kurdischer Flüchtlinge
im Abschiebeknast Büren halten Unterstützer das Büro der
Fluggesellschaft Türkish Airlines gegenüber dem Kölner Hauptbahnhof
besetzt. Die BesetzerInnen fordern: Keine Abschiebung von Hasan Ay und
Mustafa Tayfun! Gleichzeitig protestieren sie mit der Aktion gegen die
Beteiligung der Fluggesellschaft an der brutalen Abschiebepraxis. An die
MitarbeiterInnen von Türkish Airlines appellieren sie darüber
hinaus: Zeigen Sie Zivilcourage und verweigern Sie die Mithilfe an
Abschiebungen in die Türkei!
Seit Donnerstag, dem 7. Januar, befinden sich die beiden kurdische
Flüchtlinge Hasan Ay und Mustafa Tayfun, die sich mit ihren Familien
seit Monaten am Wanderkirchenasyl in NRW beteiligt hatten, im Abschiebeknast
Büren im Hungerstreik. Hasan Ay und Mustafa Tayfun sollen
in die Türkei abgeschoben werden, obwohl ihnen dort weitere Verfolgung
droht. Die Kurden waren am 10. Dezember auf dem Rückweg von
einer Versammlung des Wanderkirchenasyls in Köln auf der Autobahn
in eine Polizeikontrolle geraten und verhaftet worden. Dem Hungerstreik
in Büren haben sich inzwischen 9 weitere kurdische Flüchtlinge
angeschlossen. Gemeinsam fordern sie: Stoppt die Abschiebungen
in die Türkei!
Hasan Ay war 1992 mit seiner Frau nach Deutschland geflohen,
nachdem er in der Türkei mehrfach verhaftet worden war. Das erste
Mal hatte saß er 25 Tage in Polizeihaft, weil er verdächtigt
wurde, die PKK als Kurier unterstützt zu haben. 1991 wurde er gemustert,
trat den Militärdienst aber nicht an. Im folgen Jahr wurde er
bei einer Demonstration, bei der türkische Sicherheitskräfte
in die Menge geschossen hatten, verhaftet und verbrachte wieder mehrere
Tage in Polizeihaft. Nach seiner Freilassung tauchte er unter. Bei einer
Hausdurchsuchung wurden die Eltern und seine Frau geschlagen und der Vater
14 Tage als Geisel festgenommen. Hasan Ay floh nach Istanbul, bevor ihm
mit seiner Frau die Flucht nach Deutschland gelang. Sein Asylantrag wurde
abgelehnt, obwohl er sich auch im Exil politisch betätigte. Er gehört
der Initiative für Wehr- und Kriegsdienstverweigrung in der Türkei
an und beteiligte sich an öffentlichen Kriegsdienstverweigerer-Aktionen,
zuletzt am Antikriegstag 1998 vor dem Generalkonsulat der Türkei in
Köln. Hasan Ay ist Mitunterzeichner einer Erklärung, in der kurdische
Männer ihre Weigerung öffentlich machten. Seit März vergangenen
Jahres beteiligte er sich am Wanderkirchenasyl gegen Abschiebung und Illegalisierung.
Mustafa Tayfun mußte als 13-Jähriger erleben, wie sein Vater
und sein älterer Bruder von der Polizei verhaftet wurden. Sie wurden
14 Tage in einer Polizeistation festgehalten, geschlagen und mit Elektroschocks
gefoltert. Sein Bruder ist aufgrund der Folter erkrankt. Als 1992 ihr Dorf
vom türkischen Militär beschossen worden war, floh die Familie
nach Deutschland. Obwohl das Bundesamt für die Anerkennung Ausländischer
Flüchtlinge die Berichte über die in der Haft erlittenen Mißhandlungen
als glaubwürdig einstufte, wurde der Asylantrag abgelehnt. „Eine unmenschliche
Behandlung wie die Folter als solche ist nach Wortlaut und Sinn des Grundrechts
nicht asylerheblich. ... da Mißhandlungen in Polizeigewahrsam zur
Gewinnung von Geständnissen allgemein verbreitet ist“, hieß
es in der Begründung. Mustafa Tayfun selbst ist aufgrund einer Polio-Erkrankung
körperbehindert und auf fremde Hilfe sowie intensive medizinische
bzw. heilgymnastische Betreuung angewiesen. Da dies in der Türkei
nicht gewährleistet ist, würde die Abschiebung für ihn einen
Tod auf Raten bedeuten. In der Türkei bliebe dem jungen Türken
nur, zu betteln.
Hassan Ay und Mustafa Tayfun müssen bei einer Abschiebung in die
Türkei mit weiterer Verfolgung, Haft und sogar Folter rechnen.
Hassan Ay droht wegen seiner Kriegsdienstverweigerung ein ähnliches
Schicksal wie Adul Menaf Düzenli. Der Kurde wurde nach seiner Verhaftung
im Gemeinde haus der evangeleischen Kirchengemeinde Mutterstadt in die
Türkei abgeschoben, an die Militärpolizei überstellt. Der
Familienvater wurde sitzt seitdem in Izmir in einem Militärgefängnis
und wurde nachweislich schwer mißhandelt.
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