Haas-Anwalt kündigt Klage gegen Versetzung an Kritik der Staatsanwaltschaft am Polizeieinsatz in Stammheim - Polizeichef will OB Schuster anzeigen
Polizeipräsident Volker Haas gerät noch stärker unter Druck: Nun geht es nicht mehr nur um seine Kritik am Verbot einer Trauerfeier mit dem Sarg eines PKK-Aktivisten. Hinzu kommt ein Bericht der Staatsanwaltschaft, die sich kritisch mit der Polizeiarbeit und der Rolle von Haas auseinandersetzt.
VON WOLF-DIETER OBST
Der für PKK-Verfahren zuständige Staatsanwalt, der am Dreikönigstag
bei der Demonstration von 2500 Kurden vor dem Stammheimer Gefängnis
zugegen war, hat sich schriftlich zu den Vorgängen geäußert.
¸¸Ich habe den Bericht ans Justizministerium weitergeleitet’’,
bestätigte Klaus Pflieger, Leiter der Staatsanwaltschaft Stuttgart,
auf Anfrage. Darin gehe es allein um die polizeiliche Arbeit. ¸¸Die
Äußerungen von Herrn Haas gehen mich nichts an’’, so Pflieger.
Über den Inhalt des Berichts machte er keine Angaben. Er bestätigte
nur, daß der Bericht ¸¸kein Routinevorgang’’ sei.
Nach Informationen unserer Zeitung wird darin auch das polizeitaktische
Verhalten kritisiert. So soll ein Redner Parolen der verbotenen kurdischen
PKK verbreitet haben, ohne daß die Polizei eingriff. Der Staatsanwalt
selbst soll den Mann zur Feststellung der Personalien gebracht haben.
Laut Augenzeugen soll auch das Verhalten von Haas für Aufsehen
gesorgt haben. Seine Verhandlungen mit dem Innenministerium habe er per
Handy im Freien geführt - umringt von kurdischen Ohrenzeugen. Außerdem
soll Haas eigenhändig eine Verfügung verfaßt haben, mit
der eine Trauerfeier am Frankfurter Flughafen erlaubt wurde. Für das
Schriftstück, das er dem Demonstrationsleiter übergab, war offenbar
eigens ein Dienstsiegel herbeigeholt worden.
Wie zu hören ist, rückt die Entscheidung über das Schicksal
des Polizeipräsidenten näher. Haas hat inzwischen dem Verfassungs-
und Beamtenrechtler Rüdiger Zuck als anwaltlichem Vertreter das Mandat
erteilt. Dieser bestätigte, daß womöglich bereits am Dienstag
entschieden werde. Allerdings müsse der Polizeipräsident
vorher gehört werden. Zuck hat Haas auch schon bei den zurückliegenden
¸¸Maulkorb’’-Fällen 1992 und 1996 gegenüber dem Innenministerium
vertreten. ¸¸Wenn Polizeipräsident Haas versetzt werden
soll’’, so Zuck, ¸¸werden das die Gerichte klären müssen,
wir gehen da keinen Millimeter zurück.’’
Am Montag hat OB Wolfgang Schuster die Vorwürfe gegen Haas bekräftigt.
In einem Brief, den er als Reaktion auf die öffentlichen Erklärungen
des Polizeichefs beim ersten Pressegespräch im neuen Jahr verteilen
ließ, heißt es: ¸¸Wenn sich ein Polizeipräsident
öffentlich dafür ausspricht, daß bei Demonstrationen von
PKK-Sympathisanten Leichen zur Schau gestellt werden dürfen und dies
von ihm als Ausdruck von Toleranz bezeichnet wird, nimmt er die schlimme
Tradition der Nazis auf.’’ Zudem legte er ihm indirekt den Rücktritt
nahe. ¸¸Als Beamter haben Sie selbst die Möglichkeit,
zu einer solchen Lösung beizutragen’’, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
zwischen Stadt und Landespolizei wiederherzustellen. Auf Nachfrage lehnte
Schuster ein persönliches Gespräch mit Haas ab: ¸¸Über
was sollen wir uns noch unterhalten?’’
Schusters Nazi-Äußerung wird indes Folgen haben. ¸¸Der
Vorgang wird bei der Staatsanwaltschaft angezeigt’’, erklärte Haas-Anwalt
Zuck am Nachmittag, ¸¸wegen Beleidigung und übler Nachrede.’’