Öcalan kämpft um politisches Asyl in Italien
In der Türkei gibt es widersprüchliche Aussagen über
den Aufenthaltsort des PKK-Führers
ANKARA/ROM (rtr/hü). Der Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei
Abdullah Öcalan kämpft nach seiner Abreise aus Rom weiter um
politisches Asyl in Italien. Unterdessen behauptet der türkische
Geheimdienst, seinen Aufenthaltsort zu kennen.
Die regierungsnahe Zeitung ¸¸Hürriyet’’ berichtete
am Donnerstag, der türkische Geheimdienst habe Öcalan in einem
Land des Nahen Ostens aufgespürt. Ein genauer Aufenthaltsort wurde
nicht angegeben. Ein ranghoher Diplomat sei in den Libanon gereist, um
die Behörden zu überzeugen, Öcalan keinen Unterschlupf zu
bieten.
¸¸Hürriyet’’ berichtete weiter, die Türkei werde
Schritte einleiten, um Öcalan vor Gericht zu bringen. Nach dem vergeblichen
Versuch, seine Auslieferung aus Italien zu erreichen, werde der Fall nun
vorsichtig behandelt. Nur die wichtigsten Minister des Kabinetts und das
Militär wüßten, wo sich der Kurdenführer aufhalte.
Der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit bezeichnete
diese Berichte als ¸¸Gerücht’’.
Wie der Anwalt Augusto Sinagra, der die Interessen der türkischen
Regierung im Fall Öcalan vertritt, jetzt enthüllte, wurde das
von dem PKK-Chef angestrengte Justizverfahren keineswegs eingestellt. De
facto klagt Öcalan gegen den italienischen Staat, wobei sich seine
Anwälte auf den Verfassungsartikel 10 berufen, der besagt: Ausländer,
die in ihrer Heimat die demokratischen Freiheiten nicht ausüben können,
haben ein Anrecht auf Asyl in Italien. Sollte der PKK-Chef bei dem Prozeß
Erfolg haben, könnte er bei einer - offenbar von ihm erwogenen - Rückkehr
nach Italien auf Asylgewährung pochen. Die türkische Regierung,
die den Kurdenführer als Terroristen und Staatsfeind verfolgt, will
eine solche Möglichkeit ausschließen und deshalb in den Prozeß
um Asylgewährung eingreifen.
Öcalans knapp zweimonatiger Aufenthalt in Italien hatte Spannungen
zwischen Ankara und Rom ausgelöst. Am 16. Januar hatte der PKK-Chef
Italien mit unbekanntem Ziel verlassen. Mitte November war er bei der Ankunft
aus Moskau auf dem Flughafen von Rom verhaftet worden. Ein italienisches
Gericht lehnte die Auslieferung in die Türkei ab, weil ihm dort die
Todesstrafe drohte.