Generalstaatsanwalt will Hadep-Verbot
Hadep: Anschuldigungen ohne Grundlage, Verfahren politisch
Am 29. Januar hat der türkische Generalstaatsanwalt Vural Savas
beim türkischen Staatssicherheitsgericht ein Verfahren zum Verbot
der HADEP eingeleitet. Die HADEP hat ein solches Verbot sofort als „größtmöglichen
Schlag gegen die Demokratie“ in der Türkei zurückgewiesen. Der
stellvertretende Vorsitzende der HADEP, Osman Özcelik, geht davon
aus, daß das Verfahren acht Monate dauern wird. Die HADEP werde also
zu den Wahlen kandidieren können. Am 3. Februar haben Anwälte
der HADEP bereits einen Antrag bei Gericht eingereicht, das beantragte
Verbot abzuweisen. Das Gericht entschied, die Beschuldigungen von Savas
dem Vorstand der HADEP zuzuleiten. Die HADEP hat dann 30 Tage Zeit, auf
die Vorwürfe zu antworten. Hier eine Zusammenfassung der ersten Berichte
über das beantragte Verbot in „Özgür Politika“. (Red.)
Auf einer Pressekonferenz in der Zentrale der HADEP in Ankara erklärte
der stellvertretende Generalsekretär der HADEP Özcelik, daß
der Vorstoß zum Verbot der HADEP politisch sei. Er machte deutlich,
daß mehrere Anklagen, die für das Verbot der HADEP herhalten
sollen, mit einem Freispruch endeten. (...) Özcelik legte konkrete
Informationen vor und erklärte, daß das Verbotsverfahren keinerlei
rechtliche Grundlagen hat. Er betonte, daß der Vorstoß zum
Verbot der HADEP vollständig politischen Hintergrund hat.
Er erklärte, daß die Anklageschrift deren Hauptinhalt das
Verbot der HADEP ist, die der Generalstaatsanwalt Vural Savas am 29.1.
dem Verfassungsgericht überreicht hat, der HADEP selber nicht offiziell
übergeben wurde. Deshalb wissen sie nicht viel über den Inhalt
der Anklageschrift. Für manche Anklagepunkte, die in Zeitungen veröffentlicht
worden sind, wurde die HADEP und deren Vorsitzende freigesprochen.
Özcelik gab folgende Beurteilung ab: „Wie wir aus Zeitungen erfahren
haben, wird in der Anklageschrift unter anderem folgendes angeführt:
das Verfahren, daß nach dem 2. HADEP-Kongreß gegen die
Partei-Vorsitzenden eröffnet und in der Öffentlichkeit als „Fahnen-Verfahren“
(1) bekannt wurde.
Das Verfahren vor dem 2. Staatssicherheitsgericht in Ankara, wegen
eines Kalenders von 1998, der von der Zentrale der HADEP herausgegeben
worden war.
Der Hungerstreik am 18.11.98 (2) in unserer Zentrale wurde zum Vorwand
genommen für Überfalle. Zusammen mit Menschen, die Lynchmethoden
anwandten, wurden unsere Vorstandsmitglieder festgenommen und sie kamen
ins Gefängnis. Vor dem 2. Staatssicherheitsgericht wurde gegen
sie ein Strafverfahren eingeleitet.
Das Revisionsgericht sah bei den beiden ersten Punkten mit der Begründung
„unzureichender Beweise“ nicht die Notwendigkeit, das Verfahren einzuleiten.
Das wurde auch gegenüber der Öffentlichkeit bekanntgemacht.“
„Die HADEP ist wegen der verleumderischen Anschuldigungen freigesprochen
worden. (3)
Seit der Einleitung des ‘Fahnen-Verfahrens’ gegen die HADEP sind bereits
drei Jahre vergangen. Mit diesem Verfahren sollte bereits das Verbot der
HADEP erreicht werden. Jedoch hat der Oberstaatsanwalt des Revisionsgerichtes
erklärt, daß die Beweise nicht ausreichen würden.
Obwohl bei der Oberstaatsanwaltschaft Strafanzeige erstattet worden war,
wurde ‘kein Verfahren eingeleitet, da die Beweise nicht ausreichen, um
eine politische Partei zu verbieten’. Die gleiche Begründung wurde
für das Verfahren hinsichtlich des Kalenders abgegeben.“
*Das Ziel ist, bei den Wählern Verwirrung zu stiften*
Özcelik erklärt, daß die HADEP eine Partei ist, die
entsprechend der Verfassung geschaffen wurde und in ihrer Gesamtheit politische
Aktivitäten ausübt. Sie ist bereit, Probleme auf Parlamentsebene
zu diskutieren. Deswegen führt sie bei den allgemeinen und regionalen
Wahlen ihre Vorbereitungen mit großer Genauigkeit durch. Das Verbotsverlangen
gegen die HADEP bedeutet: „Wenn zu den Wahlen das Verbotsverfahren auf
die Tagesordnung kommt, so wird damit das Ziel verfolgt, Verwirrung bei
den Wählern zu stiften. „Statt Angst davor zu haben, daß die
HADEP in den leidgeprüftesten Provinzen (den kurdischen Provinzen,
d.Ü.) als einzige Partei dastehen wird, (die Wahl gewinnen wird, d.Ü.),
sollte man gegenüber dem Willen der Bevölkerung Respekt haben.
Es wäre noch verständlich, wenn die HADEP aufgrund der Wahlgesetze
an der 10%-Hürde scheitern würde. In der Vergangenheit hat sich
gezeigt, daß für die Probleme, die entstehen, wenn mit unechten
Beschuldigungen die ‘Justiz-Hürde’ vor der HADEP aufgebaut wird, kein
Lösungsansatz gesucht wird. Es ist klar, daß mit den erhobenen
Anschuldigungen keine politische Partei verboten werden kann. Selbst wenn
die HADEP doch verboten werden sollte, so werden Millionen Menschen, die
die Ideen der HADEP unterstützen, neue HADEPs gründen.“
*Bozlak: So arbeiten, als wenn man an den Wahlen teilnimmt*
Der Parteivorsitzende der HADEP Murat Bozlak, der wegen „Separatismus“
in Haft ist, erklärt, daß das Verlangen, die HADEP zu verbieten,
die Teilnahme an den Wahlen nicht verhindert. Die HADEP Anhänger sollen
ihre Arbeit so weiterführen, als wenn sie an den Wahlen teilnehmen.
Mit dem Verbotsantrag solle erreicht werden, daß die HADEP, die
stark geworden ist, ihre Stärke verliert. Das werde aber nicht der
Fall sein, da die Mitglieder noch viel mehr Aktivität an den Tag legen
werden und auch die Unterstützung durch das Volk noch größer
werde. (H., nach „Özgür Politika“, 31.1.99)
Anmerkungen:
(1) Auf dem Parteikongreß, der 1996 stattfand, wurde die türkische
Nationalfahne heruntergeholt und die ERNK Fahne gehißt. Es handelte
sich dabei offensichtlich um eine gezielte Provokation. Danach wurden die
damaligen Parteivorsitzenden festgenommen.
(2) Nachdem Abdullah Öcalan in Italien angereist war, fanden in
allen HADEP-Büros Solidaritätshungerstreiks statt. Das wurde
von den Sicherheitskräften zum Anlaß genommen, die Büros
zu überfallen, die Menschen zu verprügeln und alle Vorstandsmitglieder
der HADEP in Haft zu nehmen.
(3) Der „Freispruch“ bezieht sich nur darauf, daß die Anklagepunkte
für das Verbot der HADEP nicht ausreichten.