Brandanschläge auf türkische Einrichtungen
Stuttgart (AP) Nach den gewaltsamen Protesten gegen die Verhaftung des
PKK-Chefs Abdullah Öcalan sind in der Nacht zum Mittwoch in mehreren
deutschen
Städten Brandanschläge auf türkische Einrichtungen verübt
worden. Dabei wurde jedoch niemand verletzt.
In Stuttgart wurden mehrere Molotowcocktails auf türkische Imbißstände
geworfen, teilte das baden-württembergische Lagezentrum auf Anfrage
mit. Es sei nur
geringer Schaden entstanden, weil die Betreiber die Brandsätze
selbst hätten löschen können. Auf eine Moschee in Kirchheim/Teck
und auf einen türkischen
Kulturverein in Nürtingen im Landkreis Esslingen seien ebenfalls
Brandsätze geschleudert worden, die sich jedoch nicht entzündet
hätten. Hinter den Aktionen seien
Sympathisanten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei Pkk zu vermuten.
Im Hamburger Stadtteil Harburg warfen Unbekannte eine Flasche mit Brandbeschleunigern
in das Gebäude eines türkischen Kulturvereins, wie eine
Polizeisprecherin berichtete. Zeugen hätten zwei Personen weglaufen
sehen. Eine Gardine sei in Brand geraten. Die Höhe des Sachschadens
sei noch unklar.
Mittwoch 17. Februar 1999, 08:06 Uhr
Simitis droht mit entschiedenem Vorgehen gegen Kurden
Athen - Der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis hat allen
Sympathisanten des in der Türkei inhaftierten Kurdenchefs Abdullah
Öcalan mit einem
entschiedenen Vorgehen gegen die Besetzung von Botschaften und Konsulaten
Griechenlands gedroht. Simitis erklärte am Dienstag in Athen, die
Anhänger der
Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), die Frauen und Kinder in griechischen
Einrichtungen festhielten, müßten wissen, daß der griechische
Staat alle notwendigen
Maßnahmen ergreifen werde, "um jene zu schützen, die von
Terroraktionen bedroht sind". Er reagierte damit auf die Besetzung griechischer
Botschaften und
Konsulate in Europa, Kanada und Australien, mit denen Kurden gegen
die Festnahme von PKK-Chef Öcalan protestierten.
Nach Simitis' Angaben war Öcalans Festnahme und Verbringung in
die Türkei das Ergebnis seiner eigenen Entscheidung. Er habe griechische
Vorschläge abgelehnt,
in ein anderes afrikanisches Land gebracht zu werden, wo er Asyl erhalten
sollte. Öcalan, der sich die letzten 14 Tage in der griechischen Botschaft
in Kenia aufhielt,
zog es nach Simitis Angaben vor, seine Ausreise direkt mit den kenianischen
Behörden zu besprechen. Deshalb müsse Kenia eine Erklärung
abgeben, wie Öcalan in
der Türkei landete und nicht wie geplant auf dem Flughafen, von
wo er in die Niederlande habe fliegen wollen, erklärte Simitis.
Der kenianische Außenminister Nonaya Godana erklärte zu dem
Fall Öcalan, seine Regierung habe hierbei nicht mitgewirkt. Er forderte
Griechenland auf, seinen
Botschafter aus Nairobi zurückzuberufen, weil er das Vertrauen
mißbraucht und die kenianische Regierung nicht über Öcalans
Anwesenheit in der Botschaft
informiert habe. Öcalan war nach Nairobi gekommen, nachdem sein
Flugzeug am 1. Februar auf der griechischen Insel Korfu zum Auftanken eine
Zwischenlandung
eingelegt hatte. In der griechischen Botschaft in Nairobi hatte er
daraufhin Zuflucht gefunden.
Die Türkei erklärte unterdessen, der PKK-Chef werde vor Gericht
gestellt und ein faires Verfahren erhalten. Die Türkei wirft ihm wegen
des blutigen Kampfes der
Kurden für einen eigenen Staat Terrorismus vor und macht ihn für
die fast 30.000 Toten in diesem Kampf verantwortlich.
Mittwoch 17. Februar 1999, 09:24 Uhr
Schröder fordert fairen Prozeß gegen Öcalan
Bonn (AP) Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat an die
türkische Regierung appelliert, dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah
Öcalan einen fairen, den
europäischen rechtsstaatlichen Normen entsprechenden Prozeß
vor einem unabhängigen Gericht zu garantieren. In seiner in der Nacht
zu Mittwoch veröffentlichten
Erklärung forderte Schröder die türkischen Behörden
zugleich auf, internationale Beobachter zum Prozeß gegen Öcalan
zuzulassen. Er erwarte, daß der
PKK-Führer von den türkischen Behörden «korrekt
behandelt, seine physische Unversehrtheit garantiert und daß die
Todesstrafe entsprechend der Praxis in allen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht verhängt wird»,
erklärte der Kanzler. Zugleich verurteilte er die Besetzung von diplomatischen
Vertretungen durch
kurdische Demonstranten als widerrechtlich und die gewaltsamen Auseinandersetzungen
als nicht hinnehmbar.
Mittwoch 17. Februar 1999, 09:07 Uhr
Schicksal Öcalans unbekannt
Istanbul (dpa) - Das Schicksal von Kurdenführer Öcalan in
der Türkei ist weiter unbekannt. Ministerpräsident Ecevit lehnte
es ab, den Aufenthaltsort des
PKK-Chefs bekannt zu geben. Den Anwälten Öcalans verweigerte
die Türkei wegen angeblich unvollständiger Formalitäten
die Einreise. Seine Anwältin Böhler
sowie ihre beiden niederländischen Kollegen flogen von Istanbul
zurück nach Amsterdam. Die UNO forderte die Türkei auf, Öcalan
nicht zu foltern. Bundeskanzler
Schröder verlangte ein rechtsstaatliches Verfahren.
Mittwoch 17. Februar 1999, 08:43 Uhr
Türkei verweigert Öcalans Anwälten Einreise
Istanbul (dpa) - Die Türkei hat den Anwälten von Kurdenführer
Öcalan die Einreise verweigert. Öcalans Anwältin Böhler
sowie ihre beiden niederländischen
Mitanwälte flogen von Istanbul aus zurück nach Amsterdam.
Das türkische Innenministerium begründete die Abweisung mit unvollständigen
Einreiseformalitäten. Die
Vereinten Nationen forderten die Türkei auf, Öcalan nicht
zu foltern. Bundeskanzler Schröder verlangte für Ocalan ein rechtsstaatliches
Verfahren.
Mittwoch 17. Februar 1999, 08:19 Uhr
Türkei verweigert Anwälten Öcalans die Einreise
Girechenland weist jede Verantwortung für Verhaftung Öcalans von sich
Ankara (AP) Die Türkei hat den Rechtsbeiständen von PKK-Chef
Abdullah Öcalan die Einreise verweigert. Die halbamtliche Nachrichtenagentur
Anatolia meldete
am Mittwoch, die Anwälte Britta Böhler und Ties Prakken sowie
ein türkischer Übersetzer seien sechs Stunden lang von der Polizei
auf dem Flughafen von Istanbul
festgehalten worden und am Morgen mit der ersten Maschine der Fluggesellschaft
KLM in die Niederlande zurückgeflogen. Dem niederländischen Generalkonsul
Adrian Quanjer sei es verwehrt worden, mit den Anwälten zu sprechen.
Das Kurdistan Informationszentrum in Köln teilte mit, die Anwälte
seien auf Anweisung des
türkischen Innenministeriums des Landes verwiesen worden.
Ein Vertrauter Öcalans, Ali Ghazi, sagte am Dienstag abend im ZDF
weitere Ausschreitungen voraus. «Ich glaube, daß es zu Gewalttaten
kommen wird», sagte er
und appellierte zugleich an seine Landsleute, besonnen zu bleiben.
Nach seiner Darstellung wird Öcalan in der Türkei auch trotz
der zu erwartenden internationalen
Aufmerksamkeit keinen fairen Prozeß bekommen. Die Anwälte
von Öcalan kündigten eine Beschwerde gegen die Türkei beim
Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte in Straßburg an. «Wir sind äußerst
besorgt, was nun mit ihm geschehen wird», sagte die Anwältin
Britta Böhler. Sie wies die Darstellung zurück,
Öcalan habe die griechische Botschaft in Kenia freiwillig verlassen.
Die griechische Regierung wies jede Verantwortung an der Festnahme Öcalans
von sich. Ministerpräsident Konstantinos Simitis erklärte am
Dienstag abend in
Athen, sein Land habe Öcalan vor der drohenden Todesstrafe retten
wollen. Er habe sich aber entschieden, seinen eigenen Weg zu gehen. Öcalan
war in Kenia
unter noch nicht geklärten Umständen festgenommen und am
Dienstag in die Türkei gebracht worden, wo ihm der Prozeß wegen
des seit 15 Jahren andauernden
Kurdenaufstands gemacht werden soll.
Athen bittet EU um Hilfe für Öcalan
In einer Erklärung bat Simitis die Europäische Union bat,
sich des Schicksals Öcalans anzunehmen. Griechenland habe ihm im Gegensatz
zu anderen EU-Mitgliedern
Schutz gewährt. Aber während des zwölftägigen Aufenthalts
in der Botschaft in Nairobi habe Öcalan Kontakt zu den kenianischen
Behörden aufgenommen und die
griechische Seite nicht informiert. Er habe auf eigene Faust gehandelt,
was sein Fehler gewesen sei. Er sei daher für die Festnahme selbst
verantwortlich. Kenia und
andere nicht näher genannte Länder sollten erklären,
wie Öcalan - anstatt vom Flughafen aus in die Niederlande zu fliegen
- in der Türkei gelandet sei. Griechenland
zog unterdessen seinen Botschafter auf Verlangen Kenias zurück.
Auch Kenia wies eine Beteiligung an der Verhaftung zurück.
Mittwoch 17. Februar 1999, 08:06 Uhr
Schröder, Schily fordern fairen Öcalan-Prozeß
Bonn - Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesinnenminister Otto
Schily (beide SPD) haben an die Türkei appelliert, PKK-Chef Abdullah
Öcalan ein faires
Verfahren zu garantieren und Prozeß-Beobachter zuzulassen. Schröder
erklärte am Dienstag in Bonn, er erwarte, daß die türkischen
Behörden Öcalan korrekt
behandelten und die Todesstrafe entsprechend der Praxis in allen EU-Mitgliedsstaaten
nicht verhängten. Schily verwies im ZDF darauf, daß das Verfahren
unter
Beobachtung der internationalen Öffentlichkeit stattfinden werde.
Er dankte zudem der deutschen Polizei für ihren Einsatz bei der Beendigung
der Botschafts- und
Konsulatsbesetzungen durch kurdische Demonstranten.
Die Türkei hatte den in die griechische Botschaft in Kenia geflüchteten
Öcalan in einer Geheimoperation in ihre Gewalt gebracht. Anhänger
der Kurdischen
Arbeiterpartei (PKK) protestierten dagegen mit organisierten Botschaftsbesetzungen
in Deutschland und anderen europäischen Ländern. In Deutschland
wurden die
besetzten Vertretungen Kenias und Griechenlands bis zum Abend wieder
geräumt.
Schröder erklärte, die Türkei müsse einen Prozeß
entsprechend den europäischen rechtsstaatlichen Normen vor einem unabhängigen
Gericht garantieren. Schily
verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung im vergangenen Jahr,
keinen Antrag auf Auslieferung Öcalans aus Italien zu stellen, wo
der PKK-Chef auch
aufgrund eines deutschen Haftbefehls festgesetzt, später aber
wieder freigelassen worden war. Die Unruhen vom Dienstag bewiesen, in welch
schwieriger Lage die
Bundesregierung gewesen sei, sagte Schily. Man habe damals unter zwei
schlechten Möglichkeiten eine auswählen müssen. Deutschland
hatte den Verzicht auf einen
Auslieferungsantrag mit der Notwendigkeit begründet, den Rechtsfrieden
zu wahren.
Mittwoch 17. Februar 1999, 05:29 Uhr
Islam-Experte wirft Bonn Versagen im Fall Öcalan vor
Hamburg (dpa) - Der Leiter des Hamburger Orient-Instituts, Udo Steinbach,
sieht eine Mitschuld der Bundesregierung an den Kurden- Ausschreitungen
in Europa.
Sie habe die Chance vertan, aus dem Fall Öcalan eine Strategie
zur Lösung der kurdischen Frage zu machen, als sie sich gegen die
Aufnahme Öcalans entschied,
sagte der Professor der «Bild»-Zeitung. Was wir jetzt mit
den Besetzungen erleben, sei erst der Anfang. Es werde noch mehr Terror
geben. Auch Türkei- Touristen
müßten mit Attentaten rechnen, meint der Orient-Experte.
Mittwoch 17. Februar 1999, 04:23 Uhr
Öcalan mit gechartertem Privatflugzeug in die Türkei gebracht
Ankara (dpa) - Der türkische Regierungschef Ecevit hat im privaten
TV-Sender ATV mitgeteilt, wie Kurdenführer Öcalan von Kenia in
die Türkei gebracht wurde.
Danach wurde Öcalan mit dem Privatflugzeug des unabhängigen
türkischen Abgeordneten Caglar von Nairobi in die Türkei geflogen.
Die Regierung hatte es
gechartert. Welche Geheimdienste dabei halfen, wollte Ecevit nicht
sagen. Israel dementiert energisch eine Beteiligung des Mossad. Die Besetzungen
und
Geiselnahmen in diplomatischen Missionen durch PKK-Anhänger sind
inzwischen beendet.
Mittwoch 17. Februar 1999, 02:38 Uhr
Griechenland weist Verantwortung im Fall Öcalan von sich
Alle Botschaften und Konsulate freiwillig geräumt - Vertrauter sagt aber weitere Ausschreitungen voraus
Athen/Frankfurt (AP) Nach der Verhaftung von PKK-Chef Abdullah Öcalan
und weltweiten Massenprotesten seiner Anhänger hat die griechische
Regierung jede
Verantwortung in dem Fall von sich gewiesen. Ministerpräsident
Konstantinos Simitis erklärte am Dienstag abend in Athen, sein Land
habe Öcalan vor der
drohenden Todesstrafe retten wollen. Er habe sich aber entschieden,
seinen eigenen Weg zu gehen. Öcalan war in Kenia unter noch nicht
geklärten Umständen
festgenommen und in die Türkei gebracht worden, wo ihm der Prozeß
wegen des 15jährigen Kurdenaufstandes gemacht werden soll.
Weltweit besetzten seine Anhänger daraufhin diplomatische Einrichtungen
Griechenlands und Kenias und nahmen zum Teil Geiseln. Bis Mittwoch morgen
waren-SPARE-Q CBT bc-CHECK 00-00 00000CHECK 02-17-99 0136GMT alle Aktionen
ohne schwere Zwischenfälle beendet. Ein Vertrauter Öcalans, Ali
Ghazi, sagte am Abend im ZDF aber weitere Ausschreitungen voraus. «Ich
glaube, daß es zu Gewalttaten kommen wird», sagte er und appellierte
zugleich an seine
Landsleute, besonnen zu bleiben. Nach seiner Darstellung wird Öcalan
in der Türkei auch trotz der zu erwartenden internationalen Aufmerksamkeit
keinen fairen
Prozeß bekommen. Die Anwälte von Öcalan kündigten
eine Beschwerde gegen die Türkei beim Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte in Straßburg an.
«Wir sind äußerst besorgt, was nun mit ihm geschehen
wird», sagte die Anwältin Britta Böhler. Sie wies die Darstellung
zurück, Öcalan habe die griechische
Botschaft in Kenia freiwillig verlassen.
Der schwer an Grippe erkrankte Simitis gab eine Erklärung heraus,
in der er die Europäische Union bat, sich des Schicksals Öcalans
anzunehmen. Griechenland
habe ihm im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedern Schutz gewährt.
Aber während des zwölftägigen Aufenthalts in der Botschaft
in Nairobi habe Öcalan Kontakt zu
den kenianischen Behörden aufgenommen und die griechische Seite
nicht informiert. Er habe auf eigene Faust gehandelt, was sein Fehler gewesen
sei. Er sei daher
für die Festnahme selbst verantwortlich. Kenia und andere nicht
näher genannte Länder sollten erklären, wie Öcalan
anstatt vom Flughafen aus in die Niederlande zu
fliegen, in der Türkei gelandet sei. Griechenland zog unterdessen
seinen Botschafter auf Verlangen Kenias zurück. Auch Kenia wies eine
Beteiligung an der
Verhaftung zurück.
Die Türkei teilte mit, die Festnahme sei das Ergebnis einer zwölftägigen
Geheimdienstoperation. Nach Darstellung des Öcalan-Vertrauten Semsi
Kilic, der sich nach
eigenen Angaben zusammen mit dem PKK-Chef in Nairobi aufhielt, verließ
dieser die griechische Botschaft keineswegs freiwillig. Sie seien gezwungen
worden, das
Gebäude zu verlassen. Öcalan sei von kenianischen Beamten
abgeführt worden, sagte Kilic. Öcalans Rechtsbeistand in Deutschland,
der Bremer Anwalt Eberhard
Schultz, erklärte, der PKK-Chef sei nach gesicherten Informationen
aus Nairobi unter der Vorspiegelung, er werde in die Niederlande ausgeflogen,
in ein Flugzeug
gelockt und in «einer Nacht- und Nebelaktion» in die Türkei
verschleppt worden.
Mittwoch 17. Februar 1999, 02:27 Uhr
Anwältin Öcalans an Einreise in Türkei gehindert
Istanbul (dpa) - Der Amsterdamer Anwältin des Kurdenführers
Öcalan, Britta Böhler, ist die Einreise in die Türkei verweigert
worden. Auf Anordnung des
türkischen Innenministeriums müsse sie heute früh mit
ihrer Begleitung nach Amsterdam zurückfliegen, sagte Böhler in
einem Telefongespräch mit der
Nachrichtenagentur dpa. Böhler hatte gestern beim Europäischen
Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ein Dringlichkeitsverfahren
für ihren Mandanten beantragt,
um besondere Schutzmaßnahmen für Öcalan zu erreichen.