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„Mißhandlung kann Asylgrund sein“
Karlsruhe gibt Kurden recht
PKK-Unterstützer war in der Türkei gefoltert worden
ker. Karlsruhe (Eigener Bericht) – Bei Asylklagen kurdischer Sympathisanten
der Arbeiterpartei Kurdistans PKK müssen deutsche Gerichte prüfen,
ob diese in der Türkei härter als sonstige Straftäter und
jenseits der staatlichen Terrorismusbekämpfung verfolgt wurden. Das
hat die Asylkammer des Bundesverfassungsgerichts in einer Entscheidung
verlangt, mit der es einem 54jährigen Türken kurdischer Volkszugehörigkeit
recht gab. Auf dessen Verfassungsbeschwerde muß das Verwaltungsgericht
Lüneburg prüfen, ob seine vielfachen Festnahmen und Mißhandlungen
unter dem Deckmantel angeblicher Terrorismusbekämpfung erfolgten.
Auch Maßnahmen eines Staates zur Abwehr des Terrorismus könnten
politische Verfolgung sein. Dies gelte, wenn staatlicher Gegenterror
darauf gerichtet sei, die nicht unmittelbar beteiligte zivile Bevölkerung
unter den Druck brutaler staatlicher Gewalt zu setzen.
Der Asylsuchende aus Ost-Anatolien war 1990 in die Bundesrepublik eingereist.
Später folgten ihm fünf seiner Kinder. Der Mann gab an, zwei
Söhne seien aktive PKK-Kämpfer in den Bergen Kurdistans. Er selbst
unterstütze die PKK finanziell und sei deshalb neun bis fünfzehn
Mal verhaftet worden. Meist sei er nach ein bis zwei Tagen freigelassen
worden, beim letzten Mal allerdings erst nach einem Monat. Er sei mißhandelt
und gefoltert worden.
Davon ging auch das Verwaltungsgericht aus. Es stufte die Maßnahmen
jedoch als Teil der staatlichen Terrorismus-Bekämpfung ein. Daß
die geschilderte Behandlung über das bei Verhören in türkischen
Gefängnissen übliche Maß hinausging, sei nicht bewiesen
worden.
Dazu entschied Karlsruhe unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung,
auch Maßnahmen der staatlichen Selbstverteidigung könnten politische
Verfolgung im Sinn des Asylrechts sein. So könne eine Strafverfolgung
in eine politische Verfolgung umschlagen, wenn ein Betroffener härter
als üblich behandelt und wenn insbesondere Folter aus politischen
Gründen verschärft eingesetzt werde. Nicht asylbegründend
seien staatliche Maßnahmen nur dann, wenn sie sich auf die Abwehr
des Terrorismus beschränkten. Im Fall des asylsuchenden Kurden hätte
die Häufigkeit seiner Verhaftungen, deren schikanöse Tendenz
und die ihm zugefügte menschenrechtswidrige Behandlung berücksichtigt
werden müssen (AZ: 2 BvR 86/97)
Öcalan schwer belastet
Diyarbakir (dpa) – Der frühere Stellvertreter des Kurdenführers
Abdullah Öcalan, Semdin Sakik, hat den inhaftierten Chef der PKK vor
dem Staatssicherheitsgericht der südosttürkischen Provinz Diyarbakir
schwer belastet. Die türkische Nachrichtenagentur Anatolien berichtet,
im Prozeß gegen ihn selbst habe Sakik ausgesagt, die Erschießung
von 33 unbewaffneten türkischen Soldaten sei von Öcalan per Funk
„befohlen“ worden. Bei einer Befehlsverweigerung hätte „ein Diktator
wie Öcalan“ ihn sicherlich liquidiert, sagte Sakik. Öcalan wird
der Tod von 30 000 Menschen angelastet, Sakik für 191 Anschläge
mit 240 Todesopfern verantwortlich gemacht.