BERLIN, 7. März. Die politische Debatte um schnelle Abschiebungen
von PKK-Anhängern ist mit den Ausschreitungen vor drei Wochen neu
entfacht worden. Vor allem Bayerns Innenminister Günther Beckstein
(CSU) dringt auf eine verschärfte Abschiebepraxis. Die rechtlichen
Voraussetzungen für die Abschiebung beschäftigen nun das Bundesverwaltungsgericht.
Von Dienstag an wird es klären, ob und unter welchen Bedingungen PKK-Anhänger
Schutz vor der Abschiebung in die Türkei erhalten.
Nach geltendem Ausländerrecht dürfen Ausländer zwar
nicht in ein Land abgeschoben werden, wenn sie dort wegen Rasse, Religion,
Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder
wegen politischer Überzeugung verfolgt werden. Doch das Verbot kennt
Ausnahmen. So können politisch Verfolgte abgeschoben werden, wenn
sie die innere Sicherheit gefährden oder wenn sie rechtskräftig
zu einer Haftstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurden.
Rein politische Unterstützung
Vor dem Bundesverwaltungsgericht geht es vor allem um die Frage, ob
eine rein politische Unterstützung der PKK eine Abschiebung rechtfertigt.
Dazu liegen am Dienstag zwei Klagen vor. So hatte ein 35jähriger die
PKK finanziell unterstützt und an einer unangemeldeten Demonstration
teilgenommen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe gewährte dem abgelehnten
Asylbewerber keinen Abschiebeschutz, weil der Mann durch den Einsatz für
die PKK eine Gefahr für die innere Sicherheit darstelle. Mit derselben
Argumentation verweigerte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim einem 34jährigen
Kurden, der für die PKK Spenden gesammelt hatte, den Abschiebeschutz,
obwohl die Richter davon ausgingen, daß der türkische Geheimdienst
über die Aktivitäten des Kurden informiert sei und er deshalb
in der Türkei verfolgt werden könne. In einem dritten Fall, der
am 16. März verhandelt wird, geht es um die Abschiebung eines Kurden,
der wegen PKK-Mitgliedschaft zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde.
Bewertung der PKK
Bei der Beurteilung dieser Klagen wird auch die Bewertung der PKK durch
deutsche Behörden eine Rolle spielen. Die Organisation war nach neunjähriger
legaler Arbeit 1993 vom Bundesinnenministerium als verfassungsfeindlich
verboten worden. Die Generalbundesanwaltschaft wiederum schätzte damals
die PKK-Führung – nicht die gesamte Partei – als terroristische Vereinigung
ein. Nachdem die PKK-Spitze ihren Gewaltverzicht erklärt hatte,
wurde sie Anfang 1998 als kriminelle Vereinigung eingestuft. Eine Bewertung,
von der der Generalbundesanwalt auch nach den jüngsten Krawallen nicht
abrückte.
Zwar wird dem Urteil der Bundesverwaltungsrichter grundsätzliche
Bedeutung für die Gewährung von Abschiebeschutz zukommen. Doch
selbst wenn PKK-Anhänger ihn verlieren sollten, muß in jedem
Einzelfall geklärt werden, ob „Abschiebehindernisse“ bestehen. So
darf ein Ausländer nicht in einen Staat ausgeliefert werden, in dem
ihm Folter oder Todesstrafe drohen.