Türkei bestätigt hohe Gefängnisstrafe für Deutsche
15 Jahre Haft wegen PKK-Mitgliedschaft / Berichte über Foltertod
eines Kurden / Ankara verspricht Fairneß gegen Öcalan
ISTANBUL, 10. März (afp/epd/dpa). Der Oberste Gerichtshof in der
Türkei hat am Mittwoch die 15jährige Haftstrafe gegen die Deutsche
Eva Juhnke wegen Mitgliedschaft in der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans
(PKK) bestätigt. Das Gericht bezeichnete das Urteil vom September
als rechtmäßig, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
Die 35jährige Hamburgerin war von dem für politische Straftaten
zuständigen Staatssicherheitsgericht in Van verurteilt worden. Sie
ist die erste Deutsche, die in der Türkei wegen PKK-Zugehörigkeit
ins Gefängnis muß. Das Auswärtige Amt in Bonn wollte sich
nicht zu der Entscheidung äußern.
Juhnke war bei Gefechten im Herbst 1997 im Norden Iraks von einer mit
Ankara verbündeten Kurdengruppe gefangengenommen und an die türkische
Armee übergeben worden. Die Hamburgerin hatte sich im Prozeßverlauf
zu den Zielen der PKK bekannt und vor allem einen eigenen Kurdenstaat im
Südosten des Landes gefordert.
Göttinger Menschenrechtler, die sich in der Türkei aufhalten,
berichteten von „massiver Repression“ gegen Kurden. So sei der Journalist
und Gewerkschafter Süleyman Yeter im Polizeipräsidium von Istanbul
„zu Tode gefoltert worden“, sagte der Sprecher der Delegation von Unterstützern
des Göttinger Kirchenasyls, Reimar Heider. Nach Angaben türkischer
Rechtsanwälte war Yeter Mitarbeiter der kritischen Zeitung Dayanisma
Gazetesi. Nach seiner Festnahme am 5. März sei er zwei Tage später
„während des Verhörs ums Leben gekommen“. Bei der Autopsie am
8. März seien im Gesicht, auf dem Bauch und dem Rücken des Leichnams
zahlreiche Wunden und Blutergüsse festgestellt worden, heißt
es in einer Erklärung der Anwälte.
Die aus sieben Personen bestehende Göttinger Unterstützergruppe
war in der vergangenen Woche in die Türkei gereist, um sich über
mögliche Gefahren für abgeschobene Asylbewerber zu informieren.
Göttinger Kirchengemeinden gewähren zur Zeit zehn Kurden Schutz
in der Kapelle der Katholischen Hochschulgemeinde.
Die Türkei wies Bedenken des Europäischen Gerichthofs für
Menschenrechte wegen des Prozesses gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan
vor einem türkischen Staatssicherheitsgericht als unbegründet
zurück. Öcalan werde in einem „Rechtsstaat“ ein fairer
Prozeß „nach internationalen Standards“ gemacht, heißt es in
einem Schreiben Ankaras an den Europäischen Gerichtshof. Öcalan
könne jederzeit Anwälte und seine Familie empfangen, heißt
es in der Antwort Ankaras. Er sei gemäß türkischem
Recht vor Folter und Mißhandlung geschützt, sitze in einer geräumigen
und hellen Zelle, könne Bücher lesen und Radio hören.
Zuvor hatte ein Anwalt beklagt, er habe in den drei Wochen seit Öcalans
Festnahme seinen Mandanten nur einmal gesehen - und das auch nur für
20 Minuten im Beisein maskierter Sicherheitskräfte.
Bei neuen Kämpfen im Südosten der Türkei wurden nach
Behördenangaben vom Mittwoch elf PKK-Kämpfer und ein türkischer
Soldat getötet. Acht PKK-Angehörige wurden demnach in einer Bergregion
in der Provinz Tunceli und drei weitere bei Schußwechseln in den
Provinzen Bingol und Diyarbakir getötet. Die PKK kämpft in der
Region seit 1984 für einen eigenen Staat. In dem Konflikt starben
seither etwa 31 000 Menschen.