DRESDEN. Sachsen will Härte zeigen. Als bisher einziges Bundesland
hat der Freistaat zwei Ausweisungsverfügungen gegen Kurden erlassen,
die sich in der Vorwoche an den gewaltsamen Protesten gegen die Festnahme
von PKK-Führer Abdullah Öcalan beteiligt hatten. Sie waren bei
der Besetzung des Generalkonsulats in Leipzig dabei. Innenminister Klaus
Hardraht (CDU) beeilte sich, vor dem Landtag in dieser Woche die eingeschlagene
harte Linie zu verkünden.
Noch ehe die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern
derzeit unter Hardrahts Vorsitz am Donnerstag die rechtlich komplizierte
Abschiebungsproblematik behandelte, schien für den Minister alles
klar: »Meiner Meinung nach gibt es hier kein Abschiebehindernis«.
Entschlossenes Durchgreifen hatte Sachsen schon bei der Besetzung des
griechischen Konsulats in Leipzig gezeigt. Während bei Aktionen in
manch anderem Bundesland die Polizei Besetzer zunächst gewähren
ließ, schlug die Staatsmacht in Sachsen mit aller Härte zurück:
Ein polizeiliches Sondereinsatzkommando stürmte das Diplomatengebäude
und nahm die Besetzer fest. Gegen 73 Kurden wurden Haftbefehle erlassen,
die Stadt Leipzig verhängte ein striktes Versammlungsverbot bis Ende
März. Den etwa 350 in Sachsen lebenden Anhängern der PKK soll
keine Möglichkeit zur Entfaltung weiterer Proteste gegeben werden.
Mit Signalen staatlicher Entschlossenheit wird in Sachsen traditionell
nicht gegeizt. Die »Soko Rex« des Landeskriminalamts hat sich
mit ihrem Kampf gegen den Rechtsextremismus weit über die Landesgrenzen
hinaus Respekt verschafft. Manchmal sieht es so aus, als schieße
der Staat über sein Ziel hinaus, wenn es gilt, die Speerspitze von
»Law and Order« zu sein. So brachte Sachsen zwar eines der
schärfsten Polizeigesetze der Republik auf den Weg. Das Landesverfassungsgericht
setzte dem jedoch Grenzen, indem es Teile des Gesetzes über den Einsatz
verdeckter Ermittler, Vorbeugehaft und den Lauschangriff wieder kassierte.
Umfragen zeigen, daß die harte Linie bei der Bevölkerung
ankommt. Ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen dürfte entschiedenes
Vorgehen nicht nur gegen PKK-Leute der allein regierenden CDU nur nützen.
Bei seinem Betreben, straffällige Kurden möglichst rasch
abzuschieben, stützt sich Sachsen auf den Briefwechsel des früheren
Bundesinnenministers Manfred Kanther (CDU) mit der Türkei, in dem
von türkischer Seite eine rechtsstaatliche Behandlung ausgewiesener
Kurden zugesichert wird. Der Briefwechsel hatte zum Ziel, gewalttätige
Kurden abschieben zu können, ohne daß sie in der Türkei
von Folter oder gar der Todesstrafe bedroht sind. Bundesinnenminister Otto
Schily (SPD) will aber erst in nächster Zeit ausloten, wie tragfähig
dieser Briefwechsel für eine Abschiebungsregelung ist.
Gespannt wird unterdessen nicht nur in Sachsen auf eine Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts gewartet. Das Gericht will am 9. und 16.
März über die Frage verhandeln, in welchen Fällen PKK-Anhängern
der besondere Abschiebeschutz wegen politischer Verfolgung zu versagen
ist, weil sie eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik darstellen.