An die
Süddeutsche Zeitung / Leserbriefe
München, 15.März 1999
Leserbrief zu Wolfgang Koydl "Faßt sie und hängt sie", SZ 15.3.99
Bei einem schrecklichen Attentat auf ein Istanbuler Kaufhaus starben 13 Menschen. SZ-Korrespondent Koydl und die türkische Presse sind sich einig, daß dieser Anschlag im Auftrag der PKK geschah. Das Zentralkomitee der PKK hat sich allerdings am Sonntag 14.3. im kurdischen Fernsehsender Med-TV von dem Attentat distanziert.
Völlig unverständlich ist Koydls Behauptung, gerade die besondere Grausamkeit gegen Zivilisten spreche für die Täterschaft der PKK. Im Unterschied zur PLO Yassir Arafats und zur IRA Gerry Adams´, inzwischen beides geschätze Verhandlungspartner des Westens, hat die PKK ihren Kampf in der Vergangenheit eben nicht gegen Zivilisten geführt. Es wurden keine Flugzeuge entführt, wie durch die PLO und es flogen keine Bomben auf Bahnhöfe, wie bei der IRA. Der Terror der türkischen Armee in Kurdistan, der bis heute 30.000 Menschen das Leben kostete und über 3500 Dörfer verbrannte wurde nicht mit Gegenterror gegen die türkische Zivilbevölkerung beantwortet. Die Aktionen der PKK-Guerilla richteten sich gegen die türkischen Besatzungstruppen.
Wenn der Terror extremistischer Splittergruppen heute die türkischen
Großstädte erreicht, tragen dafür die Türkei, die
USA und die europäischen Staaten die unmittelbare Verantwortung. Als
der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan in Europa um Asyl bat, um eine
friedliche Lösung der Kurdenfrage in die Wege zu leiten, jagte man
ihn davon. Gerade die deutsche Regierung stellte sich nicht ihrer politischen
Verantwortung und ließ die historische Chance verstreichen.
In den Augen vieler Kurden ist der diplomatische Weg, wie ihn Herr
Öcalan eingeschlagen hatte, gescheitert. Sie haben das Vertrauen in
die europäische Politik verloren. Wenn die europäischen Staaten
ein Interesse an der Stabilität im Nahen Osten und an der Sicherheit
in Europa haben, müssen sie Druck auf die Türkei ausüben,
um den Kurden zu ihren elementaren Menschenrechten zu verhelfen.
Sollte Herr Öcalan vom türkischen Staat ermordet werden,
wird niemand mehr die selbsternannten "Rachefalken Apos" stoppen können.
Aber noch ist es nicht zu spät!
Nikolaus Brauns,
(im Vorstand der Deutsch-kurdischen Gesellschaft e.V.)