Berliner Bundesrichter prüfen Ausländergesetz
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über den Abschiebeschutz
für straffällige PKK-Mitglieder
Berlin Im Rechtsstreit um Asyl für Unterstützer der
verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) will das Bundesverwaltungsgericht
in Berlin nun prüfen, ob Teile des Ausländergesetzes verfassungswidrig
sind. Das kündigte der 9. Senat an.
Zuvor hatten die Bundesrichter über die Klage eines Kurden auf
Asyl verhandelt, der in Deutschland als hochrangiger PKK-Funktionär
zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Das Gericht will am 30.
März in einem Grundsatzurteil verkünden, wann für Anhänger
oder Mitglieder der PKK der Schutz in Deutschland als politisch Verfolgte
wegfällt.
Der Rechtsanwalt des PKK-Funktionärs sagte in der zweiten mündlichen
Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht um die Abschiebung von PKK-Anhängern,
er halte das Ausländerrecht zum Teil für verfassungswidrig. Dabei
kritisierte der Anwalt eine Bestimmung, wonach politisch Verfolgte den
besonderen Abschiebeschutz verlieren, wenn sie rechtskräftig zu einer
Haftstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurden. Sollte sein Mandant
kein Asyl bekommen, sei die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen,
sagte der Anwalt.
Der 9. Senat muß im vorliegenden Fall entscheiden, ob nach dem
Vorwurf einer terroristischen Betätigung die Gewährung von Asyl
ausgeschlossen ist. Der 47jährige Kläger war 1969 aus der Türkei
nach Deutschland gekommen. Er schloß sich 1980 der PKK an. Die Türkei
bürgerte ihn 1986 aus, nahm diese Entscheidung jedoch 1992 wieder
zurück. Seit Mitte der achtziger Jahre war der Kurde hauptamtlicher
Funktionär der PKK und wurde in Deutschland zweimal verurteilt: 1992
wegen schwerer Freiheitsberaubung zu 21 Monaten Haft und 1997 zu dreieinhalb
Jahren Haft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.
Dem Bundesgericht liegen in dem Grundsatzverfahren zwei weitere Klagen
von PKK-Anhängern vor: In einem Fall unterstützte ein Ehepaar
die PKK durch Spenden und nahm an Demonstrationen teil. In dem anderen
hatte ein Kurde Spenden für die PKK eingetrieben. Die Vorinstanzen
hatten in allen drei Fällen trotz drohender politischer Verfolgung
Asyl versagt. Sie sahen „schwerwiegende Gründe“ aus dem Ausländergesetz
gegeben, weil die Sicherheit der Bundesrepublik durch die PKK-Unterstützung
gefährdet sei oder eine rechtskräftige Verurteilung zu mindestens
drei Jahren vorlag. Unterdessen ist ein Führungsfunktionär der
PKK an der dänischen Grenze in Flensburg festgenommen worden. Ihm
wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchte
schwere Brandstiftung vorgeworfen. rtr/dpa