Kurden sehen keinen Grund zum Feiern
Zahlreiche Vereine sagen Veranstaltungen zum kurdischen Neujahrsfest
wegen erschossener Kurden ab. Innenverwaltung erwartet keine Ausschreitungen
bei Fackelzug
Das kurdische Neujahrsfest Newroz wird in diesem Jahr nur sehr verhalten
gefeiert. „Die Umstände laden dazu nicht ein“, sagte Al-Yousef, Schriftführer
der Kurdischen Gemeinde, in Hinblick auf die vier Kurden, die vor einem
Monat im israelischen Konsulat erschossen wurden. „Wir werden den Tag begehen,
aber nicht feiern.“ Gemeinsam mit dem kurdischen Zentrum Koc-Dem wird deshalb
übermorgen nur ein Fackelzug durch Kreuzberg veranstaltet.
Dieser beginnt um 17 Uhr am Hermannplatz und geht über den Kottbusser
Damm zum Oranienplatz. Zu der Demonstration rufen auch antifaschistische
Gruppen auf, „um auf die deutsche Mitverantwortung am Krieg gegen die kurdische
Bevölkerung aufmerksam zu machen“, wie es in einem Flugblatt der Antifaschistischen
Aktion heißt. Die Innenverwaltung erwartet keinen Ausschreitungen.
„Wir gehen von einem friedlichen Verlauf der Demonstration aus“, erklärte
gestern Sprecherin Isabelle Kalbitzer.
Im Haus der Kulturen der Welt wird an diesem Wochenende kein Newroz-Fest
stattfinden. „Zu viele Gruppen haben abgesagt“, sagte Sprecherin Anna Jacoby
zur Begründung. In der Einrichtung gab es seit mehreren Jahren eine
große kulturelle Veranstaltung zum Neujahrfest, an der neben Kurden
auch Aserbeidschaner, Afghanen und Iraner mitwirkten. „Wir wollen das Fest
aber mit allen Gruppen durchführen“, sagte Jacoby. Deshalb werde es
auf das nächste Jahr verschoben. Sicherheitsaspekte hätten für
die Absage jedoch keine Rolle gespielt: „Natürlich hätte man
darauf mehr achten müssen als in den vergangenen Jahren“, so Jacoby,
„aber deswegen ist das Fest auf keinen Fall abgesagt worden.“ Der Sprecher
des Deutsch- Kurdischen Freundschaftsvereins, Kambiz Behbahani, bezweifelte
dies jedoch: „Ich habe von mehreren Mitarbeitern aus dem Haus der Kulturen
der Welt gehört, daß das Fest aufgrund von Sicherheitsaspekten
nicht stattfindet.“
Auch der Spandauer Verein Hinbun hat dort die Teilnahme abgesagt. Es
wird auch keine Newroz-Feier in der Spandauer Zitadelle geben, wo Hinbun
seit Jahren mit mehreren hundert Menschen feierte. „In Kurdistan ist Krieg“,
sagte die Leiterin Aso Agace. „Jede Familie, die zu uns in die Beratungsstelle
kommt, ist davon betroffen.“ Lediglich das Kultur- und Hilfswerk Kurdistan
und der Kurdische Elternverein Yekmal planen in der nächsten Woche
Feste. Newroz bedeute „Neuer Tag“, erläuterte Ridwan Osman von Yekmal.
„Das Fest symbolisiert Widerstand gegen Unterdrückung und steht für
Frieden und Freiheit.“
Julia Naumann