Ankara bestellt deutschen Botschafter ein
Schritte gegen kurdische Medien verlangt - Zwei Tote bei Explosion
einer Bombe
ANKARA/ISTANBUL (AP/afr). Die Türkei hat Deutschland und Großbritannien
aufgefordert, Maßnahmen gegen kurdische Medien zu ergreifen. Nach
Angaben von Behörden, ist die PKK auch in der Türkei noch kampfbereit.
Laut Außenamtssprecher Sermet Atacanli wurden der deutsche Botschafter
in Ankara, Hans-Joachim Vergau, und der britische Geschäftsträger
Hugh Mortimer ins Außenministerium in Ankara einbestellt. Dabei wurde
die türkische Ansicht vorgetragen, daß die kurdische Nachrichtenagentur
DEM in Köln und die kurdische Tageszeitung ¸¸Özgür
Politika'' in Deutschland sowie der von Großbritannien aus über
Satellit ausgestrahlte Sender MED-TV ¸¸zum Terrorismus aufhetzen''.
Bei der Explosion eines Autos nahe der Stadt Hatay an der syrischen
Grenze im Süden der Türkei sind am Dienstag abend zwei Insassen
bulgarischer Nationalität getötet worden. Nach Behördenangaben
handelte es sich vermutlich um Selbstmordattentäter, deren Bombe zu
früh explodiert ist.
Seit der Festnahme von PKK-Führer Abdullah Öcalan Mitte Februar
haben die türkischen Behörden ihre Aufrufe an die kurdische Guerilla,
sich zu ergeben, verstärkt. Die Appelle erfolgen auf Flugblättern,
in Rufen von Minaretten und werden von Behördenvertretern auf Einwohnerversammlungen
verkündet. Der Erfolg war nach Ansicht politischer Beobachter bisher
bescheiden. Das Angebot der Regierung sei nichts mehr als ein vages Versprechen
auf ein Reuegesetz, heißt es. Es fehle eine umfassende Amnestie.
In der kurdischen Metropole Diyarbakir rechnen die Sicherheitsbehörden
damit, daß es noch drei bis fünf Jahre dauern wird, bis die
PKK zerfällt. Sie schätzen die Zahl der aktiven Kämpfer
in den umliegenden Bergen auf etwa 1000. Bereits vor Öcalans
Verhaftung war es für seine Organisation schwierig gewesen, in den
kurdischen Gebieten der Türkei neue Kämpfer zu rekrutieren, denn
alle noch bestehenden Dörfer stehen unter Kontrolle von 70000 Dorfwächtern.
Dagegen gelang es der PKK im Nordirak und in Syrien junge Leute aufzubieten.
Es gelang ihr auch vermehrt in den Städten der Türkei, wo die
Kurden zu Hunderttausenden Zuflucht vor dem Krieg gesucht haben. Trotz
massiver Repressionen kam es in den kurdischen Gebieten zu Solidaritätsaktionen
für die PKK, darunter Protestmärsche, Ladenschließungen
und Schülerboykotte. Die Strukturen der PKK seien intakt, und sie
werde in der Lage sein, sich den neuen Erfordernissen anzupassen, sagte
vor wenigen Tagen Semdin Sakik in einem Interview mit einem türkischen
Fernsehsender. Sakik, die ehemalige Nummer zwei der PKK, muß sich
vor dem Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir verantworten. Er erklärte
weiter, die Stärke der PKK liege im Guerillakampf auf dem Land und
in den Bergen und bei Selbstmordattentaten, aber nicht bei Anschlägen
mit ausgeklügelter Technik, wie sie in Städten üblich seien.
Die Bombenattentate der letzten Tage gehen offenbar auf das Konto von kleinen
linksextremen Gruppen, mit denen die PKK eine ideologische Verwandtschaft
hat.
Ende Februar hatte die PKK an einem geheimgehaltenen Ort nahe der iranisch-irakischen
Grenze ihren 6. Kongreß durchgeführt. Die 330 Delegierten haben
dabei Öcalan als Vorsitzenden bestätigt und beschlossen, den
bewaffneten Flügel zu stärken. Ein zehnköpfiger Ausschuß
übernimmt die Führung, solange Öcalan in Haft ist. Als möglicher
Nachfolger von ¸¸Apo'' wird häufig Cemil Bayiks genannt.
Bayik gehört zu den Gründungsmitgliedern der PKK.