Öcalan fordert seine Anhänger zur Mässigung auf
Verbot von öffentlichen Newroz-Feiern
it. Istanbul, 19. März
Der inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan hat sich zum
erstenmal seit seiner Festnahme mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit
gewandt. Darin fordert er eine politische Lösung der Kurdenfrage und
spricht von einem Kampf für Frieden und Demokratie in der Türkei.
Dem Land biete sich eine historische Gelegenheit, auf seinem Territorium
die Kurdenfrage friedlich zu lösen, steht in der von Öcalans
Anwälten der Presse übergebenen Erklärung. Öcalan richtet
sich in dem Aufruf auch an seine Anhänger. Die PKK habe 1993 einen
einseitigen Waffenstillstand ausgerufen und diesen im September 1998 bekräftigt,
schrieb er. Dieses Angebot eines demokratischen, friedlichen und politischen
Kompromisses sei für ihn nach wie vor verbindlich. Die lange Erklärung
widerspiegelt das Gehabe einer Person, die sich nach wie vor als unumstrittener
Führer versteht. Öcalan gab weiter die Anweisung, dass die Parlamentswahlen
am 18. April in einer ruhigen Atmosphäre stattfinden müssten,
und bezeichnete Aktionen, die zu einem Konflikt zwischen Kurden und Türken
führten, als bedauerlich.
Die Erklärung des Kurdenführers wurde von der türkischen
Presse kaum beachtet. Sie traf zu einem Zeitpunkt ein, da die türkische
Öffentlichkeit wegen der Bombenattentate der letzten Tage verunsichert
ist. Hinzu kommt, dass am Sonntag das kurdische Nationalfest Newroz stattfindet.
Dieser Anlass, für manche Kurden ein Symbol ihres Widerstandswillens,
hat in den vergangenen Jahren in Südostanatolien oft zu Auseinandersetzungen
zwischen Kurden und Sicherheitskräften geführt. In Ankara wird
nun befürchtet, dass im gegenwärtigen Klima der hochgehenden
Emotionen die Feierlichkeiten Gewalteskalationen auslösen könnten.
Aus Angst vor Ausschreitungen wurden daher alle Feiern in der Öffentlichkeit
untersagt. Die Kurden dürfen dieses Jahr weder im türkischen
Südosten noch im Westen des Landes ihre zur Tradition gewordenen Feuer
entfachen. In westlichen Grossstädten wurden zudem scharfe Sicherheitsmassnahmen
getroffen, um illegale Proteste und Demonstrationen zu verhindern.