junge Welt 22.03.1999

Razzien zu Newroz
Türkei: Demonstranten und deutsche Delegationen verhaftet

Die türkische Polizei ist am Sonntag gegen Demonstrationen zum kurdischen Neujahrsfest Newroz vorgegangen. Dabei wurden Hunderte Menschen festgenommen. Aus Istanbul, wo es zu Straßenschlachten kam, wird ein Todesopfer gemeldet. Zu den Verhafteten gehören nach vorliegenden Angaben auch die Mitglieder von zwei deutschen Menschenrechtsdelegationen. Danach wurde am frühen Sonntag morgen in Nusaybin nahe der syrischen Grenze eine sechsköpfige Gruppe unter Leitung des Thüringer PDS- Landtagsabgeordneten Steffen Dittes festgenommen und dann nach Diyarbakir verbracht. Die Vorsitzende der Thüringer PDS-Fraktion Birgit Klaubert forderte daraufhin von Bundesaußenminister Joseph Fischer eine Protestnote an die Adresse der türkischen Regierung. Bereits am Sonnabend war in der Stadt Adana eine neunköpfige Delegation aus Schleswig-Holstein verhaftet worden.
Die türkische Polizei hatte ihre massiven Attacken am Sonnabend begonnen. In Istanbul seien sämtliche Büros der HADEP-Partei und anderer Organisationen geschlossen worden. Allein am Sonnabend seien dort über 500 Personen bei Razzien verhaftet worden.
In den kurdischen Städten, so berichtete das »Newroz- Delegationsbüro 1999«, gebe es »überall Straßenschlachten und Übergriffe des Militärs auf die Feiernden«. In Diyarbakir habe das Militär auf die Zivilbevölkerung geschossen.
Insgesamt waren 90 Beobachter aus elf europäischen Ländern zum kurdischen Neujahrsfest in die Türkei gereist.
(jW)