Keine Chance für Demonstration vor dem Gipfel-Hotel
Berlin will beim EU-Sondergipfel jegliche Sicherheitslücken
vermeiden - Keine Hinweise auf geplante militante Aktionen Von AP-Korrespondent
Thomas Wiegold
Berlin (AP) Ausgerechnet vor dem Berliner Hotel Intercontinental wollten
Kurden demonstrieren: Der Protest gegen den Prozeß gegen PKK-Führer
Abdullah Öcalan sollte den Teilnehmern des EU-Gipfels in der Hauptstadt
am Mittwoch hautnah zu Gehör gebracht werden. Die Demonstranten werden
sich einen anderen Kundgebungsort suchen müssen - das Hotel, komplett
zur Gipfelherberge umfunktioniert, und seine unmittelbare Umgebung werden
in den nächsten Tagen zu den bestgeschützten Orten Berlins gehören.
Rund 3.600 Polizeibeamte, davon 1.200 vom Bundesgrenzschutz und aus
anderen Bundesländern, bietet die Hauptstadt für das Sondertreffen
des Europäischen Rates auf. «Die Berliner Polizei wird erneut
unter Beweis stellen, daß sie hauptstadtfähig ist», verkündet
Innensenator Eckart Werthebach. Allerdings:
«Ich kann natürlich nicht für jeden fanatisierten Einzeltäter
genügend Polizisten vor Ort haben.»
Grundsätzlich, so heißt es aus den verschiedenen Sicherheitsbehörden
von Bund und Land, sei ein friedlicher Verlauf des Gipfels zu erwarten.
Doch nach den Ereignissen in den vergangenen Monaten, die die Sicherheit
in Berlin vor allem nach dem Sturm auf das israelische Generalkonsulat
in Mißkredit gebracht hatten, will niemand ein Risiko eingehen: Der
Beginn des Gipfels fällt zum Beispiel mit dem ersten Prozeßtag
im Fall Öcalan zusammen.
Auch aus der autonomen Szene hatte es Ankündigungen von Aktionen
gegeben. Zwar sei die Szene von der kurzfristigen Ankündigung des
Berliner Gipfels überrascht worden, hieß es in einem Flugblatt.
Aber «Orte für spontane Straßenfeste und andere Aktivitäten
gibt’s genug». Konkrete Hinweise auf militante Aktionen, sei es von
deutschen Linken oder ausländischen Extremisten, haben die Sicherheitsbehörden
bislang allerdings nicht - die Delegationen müßten sich höchstens
darauf einstellen, auch mal ein Transparent zu Gesicht zu bekommen.
400 Trecker legen Hauptverkehrsstraße lahm
Dennoch wird die Straße vor dem Interconti für jeglichen
Fahrzeugverkehr gesperrt - nur die Staats- und Regierungschefs, die Minister
und ihre Delegationen werden mit Polizei-Eskorte vom Flughafen Tegel und
zurück dieses Straßenstück benutzen dürfen. Hotelgäste,
die von der Sperrung betroffen sein könnten, wird es nicht geben:
Die Bundesregierung als Gastgeber hat das gesamte Interconti mit seinen
500 Zimmern gemietet. Selbst Bundeskanzler Gerhard Schröder, der eine
Dienstwohnung im noblen Stadtteil Dahlem hat, wird während des Gipfels
im Hotel übernachten.
Mehr Sorgen über den Gipfel muß sich die Verkehrspolizei
machen. Das Thema Agenda 2000 rief natürlich die Landwirte auf den
Plan, die ihren Protest gegen die vorgesehene Neuordnung der EU-Agrarpolitik
in Berlin vortragen wollen. Die erwarteten rund 1.000 bäuerlichen
Demonstranten sind zwar kein großer Kundgebungszug - aber die 400
Traktoren, die sie mitbringen wollen, werden eine Hauptverkehrsader Berlins
am Mittwoch lahmlegen. Auch wenn die Treckerparade nicht am Tagungsort
der EU-Staats- und Regierungschefs vorbei führt - die Auswirkungen
des Protestzuges vom Theodor-Heuss-Platz im Westen der Hauptstadt bis zur
Siegessäule werden den Verkehr in Interconti-Nähe auch ohne die
Straßensperrung vor dem Gipfelort zum Erliegen bringen.
Die Verkehrsprobleme werden auch die bis zu 4.000 erwarteten Journalisten
zu spüren bekommen. Sie können vom Pressezentrum, wenige hundert
Meter vom Gipfel-Hotel entfernt, den eigentlichen Tagungsort nur per Zubringerbus
erreichen - wenn der Bus durchkommt.