DER STANDARD

„Graue Wölfe“ und „totaler Krieg“
Sozialarbeiter klagen über Übergriffe radikalisierter türkischer Jugendlicher

Wien - Vor dem kurdischen Sozialarbeiter aus einem Wiener Außenbezirk liegt eine kaum eine Woche alte Ausgabe der türkischen Zeitung Hürriyet. Sinngemäß wird darin zum „totalen Krieg“ gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK aufgerufen. Die Ausläufer dieser aufgeheizten Situation, so der Sozialarbeiter, seien mittlerweile auch in Wien spürbar: Schlägereien und Beschimpfungen zwischen kurdischen und türkischen Jugendlichen beobachte er schon seit geraumer Zeit, langsam werde die Situation „hochexplosiv“. In einigen Bezirken sei es bereits zu gewalttätigen Übergriffen auf Sozialarbeiter und Jugendeinrichtungen gekommen.
Der Konflikt gehe von Jugendlichen aus, die mit der radikalen türkisch-nationalistischen Untergrundbewegung der „Grauen Wölfe“ sympathisieren, so der kurdische Sozialarbeiter, der bereits überlegt, sich versetzen zu lassen. Und der Zulauf zu rechtsorientierten Gruppen halte seit etwa vier bis fünf Jahren bei Jugendlichen zweiter Generation an, ergänzt Gabriele Langer, Geschäftsführerin der 20 Wiener Jugendzentren, die jährlich von etwa 500.000 Kindern und Jugendlichen genützt werden.
Die Auswirkungen der Verhaftung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan habe man auch in den Jugendzentren „zu spüren bekommen“, wie es Langer vorsichtig ausdrückt. Für den Beginn des Öcalan-Prozesses wollen sich die Wiener Jugendzentren jedenfalls in irgendeiner Form „wappnen“, man kooperiere mit dem kriminalpolizeilichen Beratungsdienst. Die Exekutive schätzt, daß „Tausende Jugendliche“ mit den „Grauen Wölfen“ sympathisieren, Tendenz steigend. Schon früh hatte der Wiener Integrationsfonds gewarnt, türkische Jugendliche würden mit nationalistischer Propaganda „aufgerüstet“. Und daß dem nur mit integrativer Jugendarbeit beizukommen sei.
Der Sozialarbeiter: „Wenn man den Jugendlichen das Gefühl gibt, sie sind nicht erwünscht, ist es kein Wunder, daß sie radikal werden.“ (vm)