Pro Asyl kritisiert Urteil zu PKK-Funktionären
„Abschiebung widerspricht Flüchtlingskonvention“ / Union will
Ausländerrecht verschärfen
Von Sigrid Averesch
BERLIN, 30. März. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Dienstag zur Versagung des
Abschiebeschutzes für PKK-Funktionäre kritisiert. Das Gericht
nehme „völkerrechtliche Bestimmungen nicht zur Kenntnis“, sagte Vorstandsmitglied
Hubert Heinhold der „Berliner Zeitung“. Der Jurist verwies auf die Genfer
Flüchtlingskonvention, die eine Versagung des Abschiebeschutzes nur
bei schweren Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen,
unpolitischen Straftaten sowie Taten gegen die Ziele der Vereinten Nationen
vorsieht. „Das ist bei der PKK, die das Selbstbestimmungsrecht der Kurden
anstrebt, nicht der Fall“, so Heinhold. Die Argumentation der Berliner
Richter, die einen Befreiungskampf mit Terrorismus gleichsetzten, sei zu
simpel, selbst wenn es vereinzelt zu terroristischen Aktivitäten der
PKK gekommen sei.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verlangte am Dienstag die sofortige
Abschiebung von PKK-Funktionären aus Deutschland. Ferner müsse
jetzt das Ausländerrecht geändert werden, um auch Teilnehmer
von illegalen Versammlungen ausweisen zu können, erklärte deren
innenpolitischer Sprecher Erwin Marschewski.
Das Bundesinnenministerium verwies darauf, daß auch mit dem Urteil
eine Abschiebung nicht möglich sei. Dem stehe das Ausländerrecht
wie auch internationale Vereinbarungen entgegen.
Danach kann ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn ihm Folter
oder die Todesstrafe droht. Diese Frage sei auch mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
nicht geklärt. Die Ausländerbehörden müßten nun
jeden Einzelfall prüfen. Maßgeblich sei dabei der Lagebericht
des Auswärtigen Amtes. Der jüngste ad-hoc-Bericht des Auswärtigen
Amtes, der nach der Festnahme von PKK-Chef Öcalan erstellt wurde,
warnt vor einer Abschiebung.
Unterdessen sind zwei Kurden, die im Februar nach Ausschreitungen in
Leipzig in Abschiebehaft genommen wurden, wieder auf freiem Fuß gesetzt
worden. Die Abschiebehaft sei nach der richterlichen Überprüfung
nicht verlängert worden, teilte Innenminister Klaus Hardraht (CDU)
am Dienstag mit.